Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht vereinfachte Abweichungen von Bebauungsplänen, erleichterte Innenverdichtung und Aufstockung sowie beschleunigte Genehmigungsverfahren für Wohnungsbauprojekte vor. Zudem ist eine Flexibilisierung bei Umweltauflagen geplant. Die neue Sonderregelung – Paragraph 246e Baugesetzbuch – und weitere damit verbundene Neuregelungen ermöglichen weitreichende Abweichungen vom Bauplanungsrecht. Städte und Gemeinden können beispielsweise künftig auf die Aufstellung eines Bebauungsplans verzichten. Die Sonderregelung soll befristet bis Ende 2030 gelten. Das Bundesbauministerium wird die Wirksamkeit der neuen Regelungen bis Ende 2029 evaluieren. Der Gesetzentwurf soll noch vor der Sommerpause in den Bundestag eingebracht werden.
Verbände bewerten die Gesetzesänderung unterschiedlich
Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, bewertet die Initiative positiv: „Mit dem Bau-Turbo der neuen Bundesbauministerin Verena Hubertz kommt ein erstes starkes Signal.“ Er betont die erweiterten Handlungsmöglichkeiten für Kommunen, weist aber auch auf weiteren Handlungsbedarf hin. Die 16 Landesbauordnungen müssten harmonisiert, die Anforderungen an die Gebäude reduziert und das Vergaberecht flexibilisiert werden.
Die Deutsche Umwelthilfe kritisiert den Beschluss hingegen deutlich. Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz warnt vor Bodenspekulation, Naturzerstörung, der Aushöhlung von Umweltstandards und der Einschränkung demokratischer Mitbestimmung. „Der blinde Glaube an das Mantra ‚bauen, bauen, bauen‘ wird die Wohnungskrise nicht lösen. Statt aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen und auf soziale und ökologische Stadtentwicklung zu setzen, will die neue Bauministerin Hubertz Neubau um jeden Preis.“
Der Energieberatendenverband GIH nimmt eine differenzierte Position ein. Er unterstützt die Vereinfachungen im Vergaberecht. Es sei sinnvoll, Anforderungen wie etwa Schallschutz auf den Prüfstand zu stellen, um schneller und günstiger zu bauen. Zugleich müsse der Effizienzstandard beim Neubau erhalten bleiben – als Schutz vor hohen Energiekosten. Dass die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes nicht Teil des Sofortprogramms ist, bewertet der GIH als richtig. Eine umfassende Überarbeitung sollte 2026 erfolgen – abgestimmt mit der EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) und mit fachlicher Begleitung. Für Energieberater:innen bedeutet dies, die weitere Entwicklung aufmerksam zu verfolgen und Bauherren entsprechend zu beraten, besonders im Hinblick auf die Balance zwischen beschleunigtem Bauen und nachhaltigen Energiestandards. Quelle: DUH / GIH / HDB / jb