Springe zum Hauptinhalt Springe zum Hauptmenü Springe zur SiteSearch

Gebäudeenergiegesetz wird kontrovers diskutiert

Stefan Bolln, seit Mai neuer Bundesvorsitzender des Energieberatendenverbands GIH, moniert den Kompromiss, der in vielen Fällen den Einbau von Gasheizungen bis 2028 erlaube. Er bedeutet eine erhebliche Verschleppung. Außerdem drohe ein bundesweiter Flickenteppich: „Ob ein Fernwärmeanschluss, eine Wärmepumpe oder gar eine andere Heiztechnologie die richtige Lösung ist, hängt wesentlich von meist noch nicht abgeschlossenen Planungen einzelner Kommunen ab.“

Stefan Bolln, GIH
Es droht ein bundesweiter Flickenteppich

GIH

Hausbesitzende könnten die langen Übergangsfristen als letzten Freischuss für eine Gasheizung verstehen und die fehlende Planungssicherheit können dazu führen, dass Alle abwarten.

Dass der neue Entwurf für jeden Heizungstausch ab 2024 eine Beratung vorsehe, die auf mögliche Auswirkungen der kommunalen Wärmeplanung und eventuelle Unwirtschaftlichkeit hinweise, sei vom Grundsatz her vollkommen richtig. „Bei Sanierungen könnte der Ansatz darin bestehen, sich zunächst durch Maßnahmen an der Gebäudehülle auf die Senkung des Energieverbrauchs zu konzentrieren und mit dem Heizungstausch so lange zu warten, bis die Kommune ihre Pläne klar hat. Was nicht das ist, was der Gesetzgeber eigentlich will, sondern das, was er mit seinem Kompromiss fast schon zwangsläufig produziert“, argumentiert der GIH-Chef.

Harsche Kritik gab es vom BUND. „Mit den nun vereinbarten ‚Leitplanken‘ für das Heizungsgesetz rast die Ampel sehenden Auges in die Klimakatastrophe“, warnt dessen Vorsitzender Olaf Bandt. „Das Gesetz ist aufgeweicht, wird viel zu spät wirksam und vieles bleibt unklar“, so sein Einwand.

Olaf Bandt, BUND
Das Gesetz ist aufgeweicht und wird viel zu spät wirksam

Simone Neumann

Die getroffenen Vereinbarungen öffneten Tür und Tor für den Weiterbetrieb von Gasheizungen bis 2045. „Die FDP wird damit zum parlamentarischen Sprachrohr der Gaslobby und macht ihr ein riesiges Geschenk – Mensch und Umwelt wird das teuer zu stehen kommen“, so der BUND. 

Dem Verband der Elektro- und Digitalindustrie, dem ZVEI, sind die Übergangsfristen zu lang. „Die Einigung der Ampelkoalition zum GEG bedeutet in erster Linie eine Verlangsamung der dringend nötigen Wärmewende im Gebäudesektor – dem Sektor, der immerhin für ein Drittel der CO2-Emissionen in Deutschland verantwortlich ist. Die Synchronisierung der kommunalen Wärmeplanung mit dem GEG ist nachvollziehbar, aber zeitlich viel zu großzügig bemessen“,  argumentiert Wolfgang Weber, Vorsitzender der ZVEI-Geschäftsführung.

Wolfgang Weber, ZVEI
Die Einigung bedeutet eine Verlangsamung der Wärmewende im Gebäudesektor

ZVEI-Alexander-Grueber

Er fordert deshalb vor der ersten Lesung im Bundestag, dass insbesondere die erheblich erweiterten Fristen nochmals diskutiert werden. Um die Klimaziele nicht aus den Augen zu verlieren, müssten auch Fern- und Nahwärme schneller klimaneutral produziert werden. Dazu müsse der Fokus nochmals mehr auf die Elektrifizierung auf Basis erneuerbarer Quellen gelegt werden einschließlich der effizienten Nutzung von Umweltwärme. Wichtig ist dem ZVEI zudem, dass der Umstieg im Wärme- und Gebäudesektor attraktiv gestaltet wird. Dazu zählt in erster Linie, den Strompreis von bestehenden Umlagen und Abgaben, wie der Konzessionsabgabe, zu entlasten und die Stromsteuer auf europäisches Mindestmaß zu senken.

Zufrieden sind Heizungsindustrie und Energieversorger. Die nun von den Regierungsparteien kommunizierten Leitplanken seien ein wichtiger erster Schritt mit positiven Ansätzen, die es jetzt in ein praktikables Gesetz zu überführen gilt, so der BDH: „Die Leitplanken öffnen den Weg hin zu mehr Flexibilität für die Verbraucherinnen und Verbraucher auf der Zeitachse und stärken die Möglichkeit, auf Basis einer Beratung die optimale gebäudeindividuelle Lösung zu finden.“ 

Bei der Holzwärme würden die Ansätze zu mehr Akzeptanz der Wärmewende im ländlichen Raum beitragen. Darüber hinaus gelte es, die nun vorgesehene enge Verzahnung des GEG mit der kommunalen Wärmeplanung als Chance zu begreifen, fordert der Verband. Er werde sich dafür einsetzen, dass weitere Effizienztechnologien wie Heizungs- und Umwälzpumpen, Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung sowie die dezentrale KWK Berücksichtigung finden.  

Es sei richtig, dass die Bundesregierung mit dem Gebäudeenergiegesetz erste Maßnahmen auf den Weg bringt, um die Herausforderung der Wärmewende anzugehen, so der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Wichtig sei aber, dass „Wärmepumpen, Fernwärme und gasbasierte Systeme, die künftig mit Wasserstoff und Biogas betrieben werden können, nicht durch Detailregelungen gegeneinander ausgespielt werden“, argumentiert Kerstin Andreae, Geschäftsführerin des Verbands.

Kerstin Andreae, BDEW
Gesetzentwurf sieht für einige Technlogien und Infrastrukturen schwerwiegende Hürden vor

GEB

Der  Gesetzentwurf sehe für einige Technologien und Infrastrukturen schwerwiegende Hürden vor, die in der Praxis nicht oder nur mit größten Anstrengungen erfüllt werden können. So sei die Einbeziehung grüner Gase bislang völlig unpraktikabel gestaltet. Zu einer ganzheitlichen Betrachtung der Wärmewende gehöre auch eine enge Verzahnung des GEG mit der kommunalen Wärmeplanung. So komme beispielsweise der Geothermie in den Regionen eine völlig unterschiedliche Bedeutung zu. Das GEG sollte zudem eng mit den entsprechenden Förderinstrumenten, wie der Bundesförderung effiziente Wärmenetze (BEW), der Bundesförderung effiziente Gebäude (BEG) sowie der Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft (EEW) abgestimmt werden. Dies sei auch deshalb wichtig, um Verunsicherung und Ängste bei Hauseigentümerinnen und Hauseigentümern zu vermeiden. Deshalb brauche es auch für sie einen effektiven Förderrahmen.

Der Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland wertet die Einigung positiv. „Eine Kernforderung von uns war und ist, dass zuerst eine kommunale Wärmeplanung vorliegen muss, bevor Eigentümer zu teuren Heizungseinzellösungen verpflichtet werden dürfen. Das muss nun konsequent auch in kleineren Kommunen mit bis zu 10.000 Einwohner umgesetzt werden“, kommentierte Verbandschef Kai Warnecke. Der ländliche Raum dürfe gegenüber den größeren Städten nicht benachteiligt werden.

Kai Warnecke, Haus&Grund
Das Klimageld muss endlich kommen

Die Hoffotografen www.hoffotografen.de

Er kritisierte, dass es beim grundlegenden Konstruktionsfehler des Gesetzes bleiben werde: kleinteilige ordnungsrechtliche Vorgaben. „Wir halten eine reine Orientierung an einem CO2-Preis ohne Ordnungsrecht verbunden mit einem Klimageld nach wie vor für die bessere klima- und sozialpolitische Lösung. Wenigstens das Klimageld muss jetzt endlich kommen!“, forderte er.

Der Präsident des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, zeigte sich besorgt über noch höhere Kosten für Mieter. "Statt die bestehende Modernisierungsumlage endlich sozial gerecht zu reformieren und deutlich abzusenken, soll sogar eine weitere Modernisierungsumlage eingeführt werden", sagte Siebenkotten der Nachrichtenagentur dpa.

Lukas Siebenkotten, Deutscher Mieterbund
Wir brauchen mehr Mieterschutz und keine weiteren Mieterhöhungsmöglichkeiten

Mieterbund

"Das lässt nichts Gutes erahnen. Wir brauchen mehr Mieterschutz und keine weiteren Mieterhöhungsmöglichkeiten." In den weiteren Verhandlungen müsse es darum gehen, "die Fördermittel für Vermieter zu erhöhen und gleichzeitig die Modernisierungsumlage so zu reformieren, dass eine deutliche Energieeinsparung durch den Heizungstausch erreicht wird – nur so profitieren Vermieter und Mieter", führte er aus. pgl