Mit der „Brechstange“ will Bauministerin Verena Hubertz Blockaden beseitigen, die ihrer Meinung nach die Bauwirtschaft, die Bautätigkeit und ganz besonders das Schaffen von neuem Wohnraum behindern beziehungsweise verhindern. Auch aus dem Wirtschaftsministerium hört man Ähnliches, auch dort ist viel von „Entbürokratisierung“ und „Deregulierung“ die Rede. Gezielt wird hierbei in erster Linie auf die Beschleunigung der Neubautätigkeit, was die Baubranche insgesamt und die Bauindustrie verständlicherweise begrüßt.
Bauindustrie: „Der Bau-Turbo muss auch zünden“
Entsprechend viel Lob für die Initiative kommt aus dieser Richtung. Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie: „Die Bundesregierung hat mit dem Bau-Turbo ein mutiges Gesetz auf den Weg gebracht, um Städten und Gemeinden mehr Flexibilität beim Wohnungsneubau zu geben. Erleichterungen bei Nachverdichtung und Aufstockung sind dabei ebenso wichtig, wie eine maximale Genehmigungsdauer von drei Monaten. Doch der Bau-Turbo muss auch zünden: Hierfür brauchen Kommunen die nötige politische Rückendeckung, um schnelle Entscheidungen vor Ort zu treffen und die neu eröffneten Ermessungsspielräume auch zu nutzen. Die Ankündigung von Bundesbauministerin Hubertz, diese Unsicherheiten mit gezielten Entscheidungshilfen und Dialogformaten aufzufangen, ist deshalb richtig.“ Betreffs der Förderung begrüße man es, „dass Bundesbauministerin Hubertz auf der Immobilienmesse EXPO Real in München angekündigt hat, das neue EH55-Programm von 59 Millionen Euro massiv ausweiten zu wollen. Zudem sollen 2026 neue steuerliche Anreize für den freifinanzierten Wohnungsmarkt im Jahr 2026 kommen. Ein solches Dreierpack an schnellen Genehmigungen, reduzierten Anforderungen und mehr staatlicher Förderung könnte dann in der Tat ein entscheidender Game-Changer für mehr bezahlbaren Wohnraum werden.“
Haus & Grund: Private Immobilieneigentümer benachteiligt
Beim Zentralverband Haus & Grund, Vertreter der privaten Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer, sieht man Nachbesserungsbedarf im Detail, und zwar, was den neuen Paragraphen 216a BauGB betrifft. Der könne sich für private Immobilieneigentümer als Kostenfalle erweisen. Er regelt, was passiert, wenn ein Bebauungsplan später vom Gericht aufgehoben wird, weil er unzulässige Lärmbelastungen zugelassen hat. Zwar dürften bereits errichtete Gebäude stehen bleiben, doch Behörden könnten nachträglich Lärmschutzmaßnahmen anordnen – und die Kosten auf die Eigentümer abwälzen. „Der Bau-Turbo darf kein Risiko-Turbo für private Eigentümer werden“, warnt entsprechend Haus & Grund-Präsident Kai Warnecke. „Paragraph 216a BauGB ist in seiner jetzigen Form verbraucherfeindlich. Er schützt Behörden und Planer, aber nicht die Menschen, die ihr Erspartes in Wohneigentum investieren. Wer fehlerhaft plant, muss auch zahlen, nicht die späteren Käufer.“
Gerade in neuen Baugebieten an lärmbelasteten Lagen gingen Kommunen und Projektentwickler bewusst planerische Risiken ein. Wenn diese Pläne später scheiterten, blieben die finanziellen Folgen an den privaten Eigentümern hängen, die im guten Glauben eine Wohnung oder ein Haus erworben haben. „Das Vertrauen in Baurecht und Eigentum wird untergraben, wenn private Käufer für Fehler haften sollen, die sie weder verursacht haben noch erkennen konnten“, so Warnecke weiter. „Wohnen in der Innenstadt und Nutzungsmischung sind politisch gewollt. Die Folgekosten dieser Politik dürfen aber nicht einseitig den Bürgern aufgebürdet werden.“ Haus & Grund fordert deshalb klare gesetzliche Regeln: Nachträgliche Lärmschutzmaßnahmen dürften nicht zu Lasten privater Eigentümer gehen. Die Kosten müssten von der planenden Gemeinde oder dem Projektentwickler getragen werden. Zudem müsse beim Verkauf solcher Objekte transparent über mögliche Risiken nach Paragraph 216a BauGB informiert werden.
DUH: Viel wichtiger wäre ein „Umbau-Turbo“
Rundweg abgelehnt wird der Bau-Turbo von der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Der Bundestag habe ihn (Paragraph 246e BauGB) trotz breiter Kritik aus Fachwelt, Wissenschaft und Zivilgesellschaft beschlossen. Was als Beschleunigung des Wohnungsbaus verkauft werde, sei in Wahrheit ein Rückschritt für Umwelt, Klima und die Mitbestimmungsrechte der Bürgerinnen und Bürger. Die DUH kritisiert dies deutlich und warnt vor einer Verschärfung von Wohnungsnot und Klimakrise. Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der DUH: „Der ‚Bau-Turbo‘ löst weder die Wohnungsnot noch das Klimaproblem, im Gegenteil – er verschärft beides. Statt im Sinne der Bürgerinnen und Bürger auf Bestandssanierung, Umbau und soziale Wohnraumförderung zu setzen, will die Bundesregierung Neubau um jeden Preis. Das ist ein Geschenk für die Bau- und Immobilienlobby. Die letzten Änderungen im parlamentarischen Verfahren könnten den rechtlichen Schutz des Außenbereichs sogar weiter aufweichen – das käme einem politischen Offenbarungseid beim Klima- und Flächenschutz gleich. Wir fordern einen ‚Umbau-Turbo‘, der auf Nachverdichtung, Umnutzung und bezahlbares Wohnen in lebenswerten Städten abzielt.“ Quelle: Hauptverband der Deutschen Bauindustrie / Haus & Grund / DUH / ab