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Stromversorgung

BNetzA zu Oranienburg: Netz­be­trei­ber muss für Abhilfe sorgen

Denis – stock.adobe.com

Die Bundesnetz­agentur hat am 17. April 2024 eine Ein­schätzung zum Kapazitätsengpass in Oranienburg abgegeben. Tenor: Individuelle Fehler vor Ort.

Für viele Medien war der Kapazitätsengpass in Oranienburg ein gefundenes Fressen. Bild titelte in der Brandenburg-Ausgabe: „Notstand. Erste Stadt schlägt Strom-Alarm! Grund: Viel mehr Wärmepumpen, viel mehr Einwohner.“

Was war passiert? Am 11. April 2024 hatte die Stadt Oranienburg öffentlich gemacht, dass die Stadtwerke Oranienburg GmbH am 8. April 2024 die Bundesnetzagentur darüber informiert haben, dass im vorgelagerten Hochspannungsnetz keine ausreichende Leistung für die wachsende Stadt Oranienburg zur Verfügung gestellt werden kann. Peter Grabowsky, Geschäftsführer der Stadtwerke wird in der Mitteilung so zitiert: „Damit sind die Versorgungsmöglichkeiten in der Stadt Oranienburg ausgeschöpft.“ Seit über einem Jahr angeforderte zusätzliche Kapazität könne am Umspannwerk des vorgelagerten Hochspannungsnetzbetreibers dem Stromnetz in Oranienburg nicht bereitgestellt werden.

Der Lieferengpass aus dem vorgelagerten Hochspannungsnetz habe deswegen jetzt Auswirkungen auf aktuelle Anschlussbegehren im Versorgungsgebiet der Stadtwerke in der Oranienburger Kernstadt sowie im Ortsteil Sachsenhausen. Um das Stromnetz in Oranienburg weiter stabil zu halten, würden die Stadtwerke ab sofort keine Neuanmeldungen oder Leistungserhöhungen von Hausanschlüssen mehr genehmigen. Dies betreffe beispielsweise den Anschluss von Wärmepumpen und Ladeinfrastruktur. Auch neue Gewerbe- und Industrieflächen könnten derzeit nicht an das Netz angeschlossen und mit Strom beliefert werden. Bestehende Verträge seien von den Maßnahmen nicht betroffen.

Die Stichworte Wärmepumpen und Ladeinfrastruktur werden zwar in der Mittelung benannt, aber nicht als Grund sondern als „Betroffene“ angeführt. Im medialen Echo sitzen sie hingegen oft in der ersten Reihe auf der Anklagebank – obwohl sie als steuerbare Verbrauchseinrichtungen perfekt dafür geeignet sind, auf temporäre Kapazitätsengpässe zu reagieren. Denn nur um solche kann es sich handeln, sonst wäre die Lage bereits technisch eskaliert.

Bundesnetzagentur erinnert Beteiligte an ihre Pflichten

Mit Stand vom 17. April hat die Bundesnetzagentur die folgende Stellungnahme abgegeben:

„Die Bundesnetzagentur hat am 9. April 2024 ein Schreiben der Stadtwerke Oranienburg GmbH erhalten, in dem über einen Kapazitätsengpass zum vorgelagerten Netz der E.DIS Netz GmbH mit Auswirkungen auf aktuelle Netzanschlussbegehren informiert wird. Die Bundesnetzagentur ist derzeit dabei, den Sachverhalt konsequent aufzuklären. Ein erstes Gespräch hat am 16. April 2024 stattgefunden. Die Bundesnetzagentur fordert kurzfristige Lösungen ein, die diesen nicht akzeptablen Zustand auflösen. Nach aktuellem Stand stellt sich die Situation für die Bundesnetzagentur wie folgt dar:

Es besteht ein Kapazitätsengpass am Umspannwerk der Hochspannung zur Mittelspannung. Da die Auslastung in den Wintermonaten voraussichtlich an der Grenze liegen wird, wurde von den Stadtwerken Oranienburg ein kurzfristiger Anschlussstopp verhängt. Als Grund hierfür wurden die in den letzten Jahren stark gestiegenen Bedarfe an Anschlusskapazität genannt. Die neuen Bedarfe gehen insbesondere auf Industrie, Gewerbe und neue Baugebiete zurück. Der Ausbau oder Anschluss von Wärmepumpen oder Wallboxen spielt nur eine untergeordnete Rolle. Die SW Oranienburg bestätigen, dass die neuen Bedarfe viel zu spät erkannt und damit auch zu spät an den vorgelagerten Netzbetreiber, die E.DIS Netz GmbH, kommuniziert wurden.

Der verhängte Anschlussstopp geht auf ein erfreuliches, starkes Wachstum der Stadt Oranienburg in Kombination mit einer um Jahre verspäteten Planung der Stadtwerke Oranienburg zurück. Die Problematik ist damit der individuellen Situation vor Ort geschuldet.

Der Vorgang zeigt deutlich, wie wichtig eine vorausschauende Netzplanung ist. Diese wird auch in den gesetzlichen Grundlagen vorgegeben. Die Planung muss immer auch eine Prognose der Last- und Einspeisezuwächse vor Ort umfassen. Dazu gehört ein frühzeitiger und regelmäßiger Austausch mit dem vorgelagerten Netzbetreiber, aber auch mit kommunalen Behörden, die für neue Baugebiete und Gewerbeansiedlungen zuständig sind.

Mittelfristig wird ein im Bau befindendes neues Umspannwerk die wachsenden Bedarfe der Stadt Oranienburg sicherstellen. Aus Sicht der Bundesnetzagentur müssen allerdings unmittelbar kurzfristige Lösungen gefunden werden. Die Stadtwerke Oranienburg und die E.DIS sind daher in der Pflicht und wurden auch durch die Bundesnetzagentur aufgefordert, nach Übergangslösungen zu suchen, um schnellstmöglich wieder neue Anschlüsse ermöglichen zu können. So werden derzeit beispielsweise das Aufstellen von Batteriespeichern und Erzeugungsanlagen oder auch Vereinbarungen mit einzelnen Großkunden geprüft. Die Bundesnetzagentur unterstützt hierbei die beiden Netzbetreiber und steht in einem ständigen Austausch.

Das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) gibt der Bundesnetzagentur rechtliche Möglichkeiten zur Kontrolle und Durchsetzung gesetzlicher Verpflichtungen der Netzbetreiber an die Hand. Soweit festgestellt werden müsste, dass auch in Anbetracht der nunmehr eingetretenen Situation keine effektiven Abhilfemaßnahmen seitens der Verteilnetzbetreiber ergriffen werden, wird über aufsichtsrechtliche Maßnahmen zu entscheiden sein.“

Was mit dieser Einschätzung der Bundesnetzagentur voraussichtlich in die Chronik eingeht: Ein Verteilnetzbetreiber, der seine Hausaufgaben entweder gar nicht, schlecht aber zumindest viel zu spät gemacht hat. Und FDP-Politiker, die stattdessen den zu schnellen Zubau erneuerbarer Energien für die Misere verantwortlich machen. ■
Quelle: Stadt Oranienburg, Bundesnetzagentur / jv

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