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Großbrand in Essen: Warum brannte es so verheerend?

Bei dem aktuellen Essener Großbrand an einem viergeschossigen Mehrfamilienhaus mit ca. 100 Meter Länge und L-förmigen Baukörper in der Bargmannstraße gibt es wieder Mutmaßungen über eine Brandbeteiligung von Fassadendämmstoffen. Dies war schon einmal beim Grenfell-Tower in London so, wo in Deutschland Polystyroldämmung verantwortlich gemacht wurde, obwohl keines an der Fassade verbaut war. So auch hier in Essen, wo die Fassade mit unbrennbarer Mineralwolle gedämmt wurde. Der Brand zeigt: Es kommt bei Bränden auf viele Faktoren an, man kann den Brandverlauf nicht auf die Bedeutung eines einzigen Baumaterials reduzieren.

Eine erste Analyse des Großbrands in Essen

Anhand der in den sozialen und öffentlichen Medien kursierenden Filmen und Fotos zeigt sich eindrücklich, mit welcher Intensität sich das Brandgeschehen vor der Fassade auf den Balkonen abspielt. Aus anderer Perspektive sieht man auf den Bildern, dass alle hinter den Balkonen liegenden Wohnungen brennen und alle Fensteröffnungen zerstört sind. Schon jetzt, kurz nach dem Löscheinsatz der Feuerwehr, zeichnen sich folgende Fakten ab:

Nach den Löscharbeiten ist gut zu erkennen, dass die nicht brennbaren Dämmplatten an der Fassade verblieben sind. Es wurde entgegen erster Meldungen kein Polystyrol verbaut.

Feuerwehr Essen

Nach den Löscharbeiten ist gut zu erkennen, dass die nicht brennbaren Dämmplatten an der Fassade verblieben sind. Es wurde entgegen erster Meldungen kein Polystyrol verbaut.

- Youtube-Filme und Zeitungsberichte zeigen: Die Gebäudefassade war nicht mit Polystyrol, sondern mit unbrennbarer Steinwolle gedämmt. Der Dämmstoff ist erhalten.

- Die wichtigste Ursache für den heftigen, infernoartigen Brandverlauf war der morgendliche Sturm. Am Morgen des Brandes herrschten Sturmbedingungen, Wind sorgte für Sauerstoff und riss die Flammen in alle Richtungen.

- Das Dämmsystem ist überwiegend ein Wärmedämmverbundsystem, im Bereich der Loggien wohl eine Vorhangfassade, deren Wetterschutzplatten sind nicht mehr auf der Fassade erkennbar, ihr Material ist noch unbekannt.

- Die Balkonbrüstungen waren mit PVC-Platten umlaufend bekleidet, die sich stark am Brand beteiligten. Die Platten sind komplett verbrannt. Herumspritzende brennendes Material stammt wahrscheinlich von dieser Verkleidung.

- Der Fußboden der umlaufenden Südbalkone brannte über alle vier Geschosse in voller Ausdehnung. Es steht zu vermuten, dass er aus Holz bestand. Bei 90 Metern Hauslänge und 1,20 Meter Balkonbreite sowie drei Balkonetagen sind das mehr als zehn Kubikmeter Brennholz in luftiger Anordnung direkt vor den Fenstern. Der Fußboden ist völlig abgebrannt. Möglicherweise waren auch Markisen, private Einbauten, Möbel und brennbare aus den Wohnungen ausgelagerte Materialien am Brand auf den Balkonen beteiligt.

- Die Fassade besteht im Wesentlichen aus Fenstern und raumhohen Fenstertüren. Der hohe Verglasungsanteil von rund 60 Prozent der Fassadenfläche ist eine der Ursachen dafür, dass die Flammen vom Balkon schnell über die zerborstenen Scheiben in die Wohnungen vordrangen, was wiederum die Brandausbreitung über alle Stockwerke und die gesamte Hauslänge beschleunigte

- Die komplette Zerstörung der Wohnanlage geht auf folgende Schwachpunkte zurück: große Fensterflächen, brennbare Balkonfußböden, möglicherweise unterstützt durch PVC-Bekleidungen und eventuell auch Wetterschutzplatten, und orkanartiger Wind.

- Am Morgen des zweiten Tages nach dem Brand in Essen wird wieder über das an der Fassade nicht vorhandene Polystyrol spekuliert. Es ist wie immer: Das Interesse an Sachkenntnis in Sachen Brandverläufe fehlt. Dabei hätte man wissen können, dass auch bei einer unbrennbaren Fassade die Brandrisiken nicht gleich Null sind, sondern deckungsgleich mit gedämmten Fassaden, wenn sich vor den Gebäuden große Brandlasten als Entstehungsbrand entzünden. Erläuterungen hierzu finden sich in dem Brandbericht zum Brandfall Kaiserslautern des Energieinstituts Hessen: https://www.energieinstitut-hessen.de/newpage1.

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