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Wird nachhaltig bald normal?

Mal Hand aufs Herz: Leben Sie nachhaltig? Und machen Sie Nachhaltigkeit auch in Beratungen mit Kundinnen und Kunden zum Thema? Nein? Das verstehe ich, denn es gibt viele Gründe, das Thema zu umschiffen. Ihre Kernaufgabe ist es ja, von einer sinnvollen Gebäudesanierung oder von energiesparsamen Neubauten zu überzeugen, dafür gute Konzepte zu finden und auch das Budget der Bauleute und deren Befindlichkeiten im Auge zu behalten. Und das Ganze technisch gut zu beherrschen und außerdem noch der Förderlotse zu sein. Da haben Sie viele Hüte auf. Deshalb ist es für mich nachvollziehbar, dass Sie kein neues Thema aufmachen und nicht auch noch die Nachhaltigkeit in Gespräche mit Kundinnen und Kunden einfließen lassen wollen.

Aber auch wenn ich es verstehe, finde ich es nicht zielführend, denn es ist zu kurz gedacht. Marian Bichler hat in unserem Webinar zum Thema Suffizienz den Pritzker-Preisträger und burkinisch-deutschen Architekten Francis Kéré zitiert: „Wenn alle so bauen würden wie der Westen, wäre die Erde morgen kaputt.“ Bichler plädierte dafür, so genannte Gelegenheitsfenster zu nutzen. Im Moment gebe es durch Klimakrise und steigende Energiepreise die Option, über Themen zu sprechen, die früher vielleicht eher zäh waren. Ich fand, unser Web­inar war eine spannende Gelegenheit, über den Tellerrand zu blicken und Argumente zu entwickeln, die über die Energieberatung hinausgehen. Zum Beispiel dieses: „Eine 2022 installierte Öl- oder Gasheizung wird nicht bis zum Ende ihrer Lebensdauer mit Erdgas zu betreiben sein“, rechnete der zweite Referent Lars Arvid Brischke vor. Und: Wenn die Wohnfläche pro Person so weiter steige wie bisher, dann fresse das Effizienzgewinne auf. Konzepte des Teilens beim Wohnen, aber auch in der Mobilität haben ebenfalls Auswirkungen auf die Planung von Gebäuden und das Wohnumfeld. Das sind dann keine Argumente mit moralischem Impetus, sondern mit Mehrwert. Mehrwert heißt auch, sich bei der Materialauswahl zu überlegen, was bei einer Umnutzung oder einem Rückbau des Gebäudes mit diesen Baustoffen geschieht. Dieser weitere Blick kann die Augen öffnen und die Bereitschaft erzeugen, sich mit Konzepten der Nachhaltigkeit zu befassen.

Treibt das die Baukosten weiter in die Höhe? Diese Frage habe ich Christine Lemaître in der neuen Folge des GEB-Podcasts gestellt. Sie ist Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB). Diese Frage mache sie sauer, so ihre erste Reaktion. Sie kontert mit Fakten. Eine Auswertung der Baukosten von Gebäuden, die die DGNB zertifiziert hat, habe ergeben, dass das nicht der Fall sei. Ähnliche Diskussionen gab es bei Passivhäusern über lange Zeit. Sind die nun teurer als „gewöhnliche Bauten“ oder nicht? Eine pauschale Antwort ist genau wie bei der Nachhaltigkeit nicht möglich, denn viele Faktoren spielen einer Rolle: Was wird eingerechnet, welcher Nutzungszeitraum wird betrachtet, erfolgt eine Betrachtung über den kompletten Lebenszyklus eines Gebäudes, wie viel Erfahrung haben der Planer oder die Planerin bereits mit diesen Konzepten? Die DGNB spricht bei privaten Ein- und Zweifamilienhäusern für Nachhaltigkeitszertifikate von Kosten von unter 1000 Euro.

Aber: Wer saniert oder baut, baut meist nicht bloß für sich, sondern auch deshalb, weil er Werte schaffen und erhalten will. Wer heute also für sich und seine Familie oder werterhaltend zur Absicherung der Rente bauen will, der ist sicher offener für Argumente der Nachhaltigkeit als dies noch vor Jahren der Fall war. Wie lässt sich das mit Energieberatung verknüpfen? Dazu haben wir den DGNB- Vorstand Johannes Kreißig im Kamingespräch am 23. Juni, 20 Uhr zu Gast. Ich freue mich auf ihn, und natürlich auf Ihre Teilnahme. Anmeldung gerne per Mail an grund-ludwig@geb-info.de.

Viel Freude beim Lesen wünscht Ihnen

Ihr GEB Redaktionsteam