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Halbe Kraft reicht nicht

Die Ampel-Regierung hat die Energiewende deutlich beschleunigt. Mit diesem Satz eröffnete das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung im Januar eine Sonderausgabe seiner Online-Publikation DIW aktuell zur Bundestagswahl. Auch der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) lobte die Arbeit der Bundesregierung. Sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene seien wichtige Entscheidungen getroffen worden, welche die Ketten beim Ausbau von Solar- und Windenergie gesprengt hätten, sagte BEE-Präsidentin Simone Peter. „Das zeigt: Mit Ambitionen und politischem Gestaltungswillen können auch dicke Bretter innerhalb weniger Jahre gebohrt werden”, so Peter ­weiter.

100 Tage, nachdem die neue schwarz-rote Bundesregierung ins Amt gekommen ist, wird nur noch mit halber Kraft gebohrt (siehe den Beitrag auf Seite 10). Andere Bretter scheinen nun interessanter zu sein. Die Energiewende hat für Merz & Co. nicht die gleiche Priorität wie für die Ampel-Regierung. Wirtschaftsministerin Katherina Reiche scheint sich auf den Rückweg in Richtung Gas zu begeben. Und die SPD hat der Kursänderung nur wenig entgegenzusetzen.

Der zu befürchtende Rollback torpediert die Bemühungen im Kampf gegen den Klimawandel und erhöht die Gefahr, sich wieder stärker abhängig von fossilen Energieträgern aus zweifelhaften Staaten zu machen. Er bedroht aber auch die Demokratie. Denn mit ihrer Kehrtwende gerät Reiche in den Verdacht, als ehemalige Vertreterin der Energiewirtschaft Klientelpolitik zu betreiben. Und dass die Stromsteuer nun doch nicht für Privathaushalte gesenkt wird, ist ein klarer Wortbruch der Regierungsparteien. Im Wahlkampf sowie im Koalitionsvertrag war davon die Rede, diese für ALLE zu senken – also nicht nur für Unternehmen.

Nun mag man einwenden, dass es schon immer zum demokratischen Alltag gehört hat, nicht alle Wahlversprechen zu halten. Und Politiker haben auch in der Vergangenheit nicht selten Entscheidungen getroffen, bei denen zumindest die Vermutung groß war, dass mit diesen eine bestimmte Zielgruppe begünstigt wird. Doch eine sehr lange Zeit haben wir in einer stabilen Demokratie gelebt, die solche Dinge verkraftet hat. Davon kann mittlerweile nicht mehr uneingeschränkt die Rede sein.

Abgesehen davon ist es auch aus ökonomischer Sicht nicht klug, den bisher eingeschlagenen Weg zu verlassen. Der Ausbau von Wind- und Solarenergie sorgt für Investitionen in Milliardenhöhe und schafft Arbeitsplätze. Die Zahl der ausgeschriebenen Stellen mit Bezug zur Energiewende hat sich laut BEE von 2019 bis 2024 mehr als verdoppelt - von 173.000 auf 372.500. Und die unklare Zukunft von BEG und GEG verstärkt die bereits vorhandene Verunsicherung bei Verbrauchern und Verbraucherinnen. Der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie macht dies als Hauptursache für den massiven Einbruch des Heizungsmarkts aus.

Der Schwerpunkt in diesem Heft ab Seite 14 zeigt, dass es unter anderem auf Quartiersebene viele Initiativen gibt, die den Einsatz grüner Technologie vorantreiben und dies auch sozialverträglich gestalten. Es wäre nur schwer zu verstehen, wenn im Gegensatz dazu eine Bundesregierung, die sich „Verantwortung für Deutschland“ auf die Fahnen geschrieben hat, das Potenzial einer modernen Energiepolitik für den Standort ignorieren würde.

Viel Freude beim Lesen wünscht Ihnen

GEB-Redakteur Markus Strehlitz