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Unter die Paneele geschaut

Der Einbau von Solaranlagen auf geneigten Dächern im Gebäudebestand hat sich von den ersten „Learning by doing“-Versuchen vor etwa 20 Jahren zu einem in vielerlei Hinsicht sehr ausgereiften, aber auch hart umkämpften Markt entwickelt. In einigen Fällen führt der Einbau indes zu Mängelstreitigkeiten zwischen Auftraggebern und Auftragnehmern, selten auch zu schwerwiegenden Bauschäden. Das Regelwerk hat sich dieser Entwicklung nur zögerlich angepasst, was Anlass für die Autoren war, häufige Fehler und deren Vermeidbarkeit anhand typischer Schadensfälle darzustellen und aufzubereiten. Die Fallbeispiele basieren auf einer nicht repräsentativen Umfrage unter zumeist öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen (Schäden an Gebäuden, Dachdeckerhandwerk und Solartechnik), die Ihre Begutachtungen unentgeltlich zur Verfügung gestellt haben. Der Forschungsbericht [1] ist auf der Webseite www.aibau.de kostenfrei abrufbar.

Solarelemente können Regensicherheit gefährden

Die Autoren gehen davon aus, dass in den Jahren 2008 bis 2017 schätzungsweise 2,4 Mio. Solaranlagen auf geneigten Dächern in Deutschland errichtet worden sind. Die Schadensquote wird auf unter 0,5 % geschätzt, ist also erfreulicherweise relativ gering. Die Erfahrungen sind vereinzelt von verschiedenen Verbänden in einzelne Fachregeln eingearbeitet worden. Ein durchgängiges, umfassendes Regelwerk für die Schnittstellen zwischen Solartechnik, Dachtechnik und Statik gibt es aber nicht.

Die aufgetretenen Fehler unterscheiden sich je nach Art der Deckung und des Einbaus. Im Bericht wurden die Fälle entsprechend kategorisiert. Im Gegensatz zu Flachdächern, die in jedem Fall „wasserdicht“ sein müssen, spricht man bei geneigten Dächern von der „Regensicherheit“, die die Deckmaterialien gewährleisten müssen. Natürlich sollte auch bei geneigten Dächern kein Wasser in den Raum unter der Dachfläche eindringen, weshalb insbesondere unter den kleinteiligen Deckmaterialien eine zweite Entwässerungsebene (z. B. eine Unterdeckbahn) eingebaut wird, die Wasser, das bei extremen Wetterlagen zwischen die Fugen und Überfalzungen der Deckung eingetrieben wird, abführen kann. Auch entstehendes Kondensat kann dann nicht zu Schäden führen. Diese zweite Entwässerungsebene wird im Regelwerk der Dachdecker als „Zusatzmaßnahme“ bezeichnet.

Die Montage von Solarelementen beeinträchtigt in der Regel die Regensicherheit. Ob es dabei zum Schaden kommt, hängt davon ab, inwieweit die Gebrauchstauglichkeit des gesamten Dachaufbaus davon betroffen ist. Also ob zum Beispiel die Funktion der Zusatzmaßnahme schon vorher vermindert war oder die Mindestdachneigung – die sogenannte „Regeldachneigung“, die für jedes Deckmaterial in den Fachregeln festgelegt ist – bereits unterschritten war. Entsprechende Festlegungen in den Fachregeln sind im Forschungsbericht übersichtlich dargestellt. Vor der Montage einer Solaranlage sollte durch eine fachliche Einschätzung überprüft werden, ob die vorhandene Eindeckung regelgerecht bzw. fehlerfrei ist und die statischen Voraussetzungen für eine Montage zusätzlicher Lasten gegeben sind.

Kleinformatige Deckmaterialien

Die meisten Dächer, auf denen Solaranlagen errichtet werden, sind mit Dachziegeln oder Dachsteinen belegt. Bei der Umfrage betraf dies knapp die Hälfte der untersuchten Dächer. Bei den Stellen, an denen die Dachhaken durch die Deckung geführt werden müssen, liegen die entscheidenden Fehlerquellen: Hier muss der Dachziegel oder Dachstein so verändert werden – am besten durch Fräsen – dass der Dachhaken als Verbindungselement durch die Verfalzung geführt werden kann (Abb. 1, 2); oder bei einfacheren Deckmaterialien durch die unverfalzte Überdeckung. Dabei darf der Ausschnitt durch die Stege, Falze und das Deckmaterial nicht zu groß werden (Abb. 3), und der Dachhaken darf keinen Druck auf die Ziegel bzw. Steine ausüben, damit diese nicht brechen. Wie dieses Detail bzw. die Anpassung der Dachziegel nicht aussehen sollte, zeigen die Abb. 4 bis Abb. 6.

Die Hersteller bieten dafür inzwischen eine Vielzahl von Befestigungshaken und sonstigen Einbauteilen an, die auf die unterschiedlichen Deckmaterialien und Einbausituationen zugeschnitten sind. Eine Alternative zur Anpassung der Deckelemente ist der Einbau entsprechend vorgeformter Steine oder Systeme (Abb. 7, 8) die jedoch leider aufgrund der Kosten kaum eingesetzt werden. Allerdings ist deren Verwendung anzuraten, wenn die Mindestanforderungen an Neigung und Überdeckung nur knapp erfüllt sind.

Faserzementdeckungen

Bei großformatigen Deckungen aus Wellplatten ist die Schadensquote auffällig hoch. Das liegt unter anderem daran, dass oft keine zweite Entwässerungsebene eingebaut ist und häufig auch keine Dämmung. Das trifft vor allem auf landwirtschaftliche Gebäude zu. Leckage- und Tauwasser tropft dann direkt in den genutzten Raum darunter. Auch kleine Leckagen werden so vom Nutzer bemerkt. Befestiger – in der Regel Stockschrauben – dürfen nur im Scheitelpunkt der oberen Welle angebracht werden. Dabei ist darauf zu achten, dass sie nicht schräg sitzen, damit die Dichtscheibe vollständig anliegt (Abb. 9, 11) und mit dem richtigen Drehmoment angezogen werden kann. Befestiger dürfen nicht in den Überlappungen der Platten und damit an den Rändern aneinandergrenzender Platten angeordnet werden (Abb. 10). Sonst kann es dort zum Bruch kommen. Häufig erfolgt die Montage der Befestiger nicht mit entsprechend an die Wellplatten angeformten Dichtscheiben. Wenn die bestehenden Befestiger der Wellplatten durch die Befestiger der Solarelemente entlastet werden, können dort neue Undichtheiten entstehen. Fehlbohrungen müssen überklebt werden (Abb. 12).

Wenn die Regeldachneigung nicht eingehalten oder die Überdeckung der Platten nicht ausreichend ist – entsprechende Werte sind im Bericht nachzulesen – oder die Platten gar schon Risse zeigen, sollte man auf den Einbau einer Solaranlage verzichten. Es sei denn, die Eindeckung wird zuvor instandgesetzt oder erneuert.

Deckmaterialien, die noch mit Asbestfasern hergestellt wurden, stellen zwar im verbauten Zustand keine Gesundheitsgefährdung dar, dürfen aber laut Gefahrstoffverordnung nicht überbaut werden – auch nicht mit Solaranlagen.

Metalldeckungen

Ähnliches gilt für Metalldeckungen – sowohl was die Schadensquote betrifft als auch die Risikostellen bei der Befestigung. Auch hier kommt es bei der Befestigung mit Stockschrauben bei selbsttragenden Trapez- oder Sandwichdeckungen auf den korrekten Sitz der Dichtscheiben an. Bei großflächigen Deckelementen aus Metall sind überdies die thermischen Längenänderungen von Modulsystemen und Deckelementen zu beachten. Die Ausdehnungsmöglichkeiten der Deckelemente – insbesondere in den Falzen bei nicht selbsttragenden Zinkblechscharen - dürfen nicht über Gebühr beeinträchtigt werden (Abb. 13, 14). Zur Begrenzung der Ausdehnungen der Solarelemente sollten die Tragkonstruktionen zusammenhängender Module möglichst klein gehalten werden.

Indachanlagen

Wenn die Elemente die Deckfunktion übernehmen und die bestehenden Deckungen dafür abgebaut werden sollen, müssen unter den Solarelementen wasserdichte Unterdächer eingebaut werden. Es ist drauf zu achten, dass eventuell eindringendes Wasser ohne Sackbildung in die Dachrinnen entwässern kann, was eine sorgfältige Planung und Ausführung des Traufanschlusses erfordert. Der Nachweis der harten Bedachung muss vom Hersteller erbracht werden.

Brandschutz

Hinsichtlich des vorbeugenden Brandschutzes ist zu beachten, dass die in den Bauordnungen – spätestens seit der Musterbauordnung 2016 – geforderten Mindestabstände zu Brandwänden auch von Solarmodulen und deren Verkabelung eingehalten werden. Aber auch die elektrotechnische Verkabelung ist sorgfältig auszuführen, was ebenfalls seit 2016 neu geregelt ist, und es sind kompatible Steckverbindungen vorzusehen. Diese elektrischen Verbindungen sollten regelmäßig kontrolliert werden, ebenso wie Kabelbinder oder ähnliche Befestigungselemente, die aufgrund von UV-Strahlung schneller altern und somit nicht über die gesamte Lebensdauer der Solaranlage funktionstauglich bleiben. Dafür ist es sinnvoll, entsprechende Wartungszugänge zu ermöglichen.

Fazit

Es bleibt zu wünschen, dass die geringe Schadensquote weiter minimiert wird. Die Zusammenarbeit zwischen Solarinstallateuren und Dachdeckern sollte nicht nur bei der Montage, sondern auch bei der Weiterentwicklung der Regelwerke und Empfehlungen intensiviert werden, auch um einheitliche Bewertungsgrundlagen herzustellen. Diese dienen der Ausführungssicherheit und damit dem wirtschaftlichen sowie nachhaltigen Erfolg für Ausführende und Auftraggeber. Als Baustein zum Schutz der Lebensgrundlagen auf der Erde wird damit der weitere Ausbau von Energiegewinnungsflächen auf Dächern unterstützt.

[1] Spilker, Liebert, Zöller, Oswald (Aachener Institut für Bauschadensforschung und angewandte Bauphysik gGmbH – AIBau) und Haselhuhn, Siegfriedt (Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie, Landesverband Berlin-Brandenburg e.V. – DGS): Solaranlagen auf geneigten Dachflächen im Gebäudebestand, Forschungsbericht, gefördert mit Mitteln der Forschungsinitiative Zukunft Bau des Bundesinstitutes für Bau-, Stadt- und Raumforschung, BBSR, Bonn, fertiggestellt im Februar 2019. Der Bericht ist kostenfrei abrufbar unter www.aibau.de

Ralf Spilker

ist Architekt und von der IHK Aachen öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Schäden an Gebäuden. Seit 1994 Mitarbeit bei Prof. Dr.-Ing. Rainer Oswald und dem Aachener Institut für Bauschadensforschung und angewandte Bauphysik gGmbH – AIBau, seit 2010 öffentlich bestellt und vereidigt und als Sachverständiger für Schäden an Gebäuden, auch selbständig tätig.

Géraldine Liebert

ist Architektin und staatlich anerkannte Sachverständige für Schall- und Wärmeschutz. Seit 2005 Mitarbeiterin bei Prof. Dr.-Ing. Rainer Oswald und dem Aachener Institut für Bauschadensforschung und angewandte Bauphysik gGmbH – AIBau, seit 2009 staatlich anerkannte Sachverständige für Schall- und Wärmeschutz.