Blühende Pflanzen stehen vor dem Eingang der Reithalle. Durch die sich öffnenden Glastüren strömt frischer Kaffeegeruch. In der Reithalle befinden sich mehrere Bereiche unter einem Dach: ein Café, ein Buchladen sowie eine Markthalle mit regionalen und unverpackten Lebensmitteln.
Im hinteren Teil des Denkmalobjekts finden sich drei Wohneinheiten. Jede zweigeschossige Einheit erstreckt sich entlang eines Torelements und eines zweifenstrigen Elements über zehn Meter Breite. Die Wohnungen ragen in die Halle hineinragen. Auch Büroräume sind in der Reithalle untergebracht.
Das Ziel der Sanierung: Denkmalpflege als Weiterentwicklung
Die nach dem zweiten Weltkrieg als französische Offiziersschule entstandene Reithalle misst eine Fläche von 1.625 Quadratmetern und eine Firsthöhe von 16 Metern. Das Ziel der Sanierung war es nicht, die denkmalgeschützte Reithalle in ihren ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen, sondern ihr vielmehr eine neue Rolle in der Gegenwart zu geben. Projektleiter Gerold Weber erklärt: „Denkmalpflege bedeutet für uns nicht Stillstand, sondern Weiterentwicklung. Wenn Alt und Neu respektvoll miteinander verbunden werden, entsteht ein Ort mit Geschichte – und Zukunft.“
Diese Herausforderungen galt es zu meistern
Die Herausforderung bestand insbesondere darin, den denkmalgeschützten Bestand zu erhalten und gleichzeitig moderne Anforderungen an Energieeffizienz und Nutzbarkeit zu erfüllen. „Ein Gebäude wie die Reithalle bringt viele technische und planerische Herausforderungen mit sich: von der Hüllensanierung bis zur Energieintegration. Aber gerade darin liegt der Reiz. Statt alles glattzuziehen, wollten wir den Charakter bewahren“, erläutert Weber.
Aber auch Themen wie Artenschutz Tier-, Schall- und Brandschutz gestalteten sich komplexer als erwartet. Hier musste mehr Zeit, Geld und Abstimmungsaufwand investiert werden, um ideale Bedingungen bei der innerstädtischen Lage und der Mischnutzung aus Wohnen und Gewerbe zu gewährleisten.

Alisia Romeo
Energiekonzept setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen
Das Energiekonzept der Reithalle Achern basiert auf einem vernetzten Gesamtsystem, das verschiedene Technologien kombiniert, um maximale Effizienz zu erreichen. Im Zentrum steht eine Energiezentrale mit mehreren Komponenten:
• Blockheizkraftwerk (BHKW): Ein Senertec Dachs G 5.5 mit einer elektrischen Leistung von 5,5 Kilowatt und rund 4.000 Betriebsstunden pro Jahr. Das Gerät ist zukunftsfähig und H2-ready. Letzteres bedeutet, dass es mit bis zu 20 Prozent Wasserstoff betrieben werden kann. Auch der Einsatz von grünem Gas ist möglich.
• Pelletheizung: Ein KWB-Kessel mit einer Leistung von 28 Kilowatt sorgt für zusätzliche Wärme. Das dazugehörige Brennstoffsilo hat eine Kapazität von 9,9 Kubikmetern. Es ist eine Sonderanfertigung und optisches Highlight der Anlage.
• Solarthermie: Zudem unterstützen 20 Quadratmeter Kollektorfläche die Wärmeversorgung.
• Photovoltaik: Eine installierte Leistung von 26 Kilowatt deckt den Strombedarf, wobei Überschüsse ins Netz eingespeist werden.
• Pufferspeicher: Ein 5.500-Liter-Speicher optimiert die Nutzung der Wärme.
• Spitzenlast-Gaskessel: Dieser wird nur an sehr kalten Tagen eingesetzt, circa zehn bis 15 Tage im Jahr.
Technik als sichtbares Element eingesetzt
„Dass das Blockheizkraftwerk mitten in der Halle steht, war eine bewusste Entscheidung“, betont Weber. Das BHKW ist nicht wie üblich im Keller untergebracht, sondern sichtbar in der Halle installiert. „Der Dachs ist ein funktionales Element, ja, aber auch ein Statement: für Transparenz, Effizienz und den Anspruch, Energie nicht nur zu nutzen, sondern auch zu zeigen, wo sie herkommt“, ergänzt er.

Sabrina Harter
Die Entscheidung für ein BHKW basiert auf dem Gedanken, Strom dort zu erzeugen, wo er benötigt wird, und die dabei entstehende Wärme effizient zu nutzen. „Beim Großkraftwerk ist es genau gleich, nur dass die Wärme dort über Kühltürme vernichtet wird beziehungsweise sinnlos an die Umwelt abgegeben wird“, erklärt Weber. Darüber hinaus ist der Dachs zukunftsfähig, da er auch mit grünen Gasen betrieben werden kann. „Bei deren Verbrennung wird nicht mehr CO2 freigesetzt, als zuvor der Atmosphäre entnommen wurde – somit kann er sogar klimaneutral arbeiten“.
Monitoring und Wartung
Die gesamte Anlage ist digital visualisiert: mit Live-Daten, Historie und Übersichtsgrafiken. So sind alle Daten auf einen Blick erfassbar. Dies sorgt für einen reibungslosen Betrieb sowie für maximale Transparenz und Effizienz. Die Steuerung der Anlage priorisiert die Nutzung der Solarenergie und sorgt dafür, dass alle Komponenten im abgestimmten Zusammenspiel arbeiten. Dadurch läuft auch das BHKW im Sommer nicht ineffizient im Teillastbetrieb. Durch den 5.500-Liter-Puffer ist ein Teillastbetrieb ausgeschlossen. Die Wartung der Anlagenkomponenten erfolgt jährlich durch Weber Solar – einem Servicepartner des Senertec Centers.
Die Sanierung der Reithalle Achern zeigt, wie sich Alt und Neu vereinen lassen. Die Reithalle ist heute nicht nur ein historisches Gebäude, sondern ein Beispiel für Energieintegration und respektvollen Denkmalschutz.
Alisia Romeo