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Konzeptpapier zur Mobilisierung von Wohnraum

Wohnraum ist knapp – insbesondere fehlt es an bezahlbaren Wohnungen für Menschen, die dringend Unterstützung benötigen. Vor diesem Hintergrund sind dringend alternative Möglichkeiten gefragt, Wohnraum zu schaffen. Ein Erfolgsmodell ist die Mobilisierung ungenutzter Wohnungen durch das „Sichere Vermieten“: Manche Vermieter trauen sich nicht mehr zu vermieten. Ihre leerstehenden Wohnungen kommen aber dank Mietgarantien und Mietbegleitung wieder an den Wohnungsmarkt, als soziale Wohnungen für Mieter mit dringendem Bedarf. Hierzu zwei aktuelle Beispiele:

• Dem Modell einer „sozialen Wohnraumvermittlung“ widmet sich nun ein Konzeptpapier, erstellt vom Wohnwendeökonom Dr. Daniel Fuhrhop im Auftrag des Caritasverbands der Diözese Rottenburg-Stuttgart.

• Die „Kirchliche Wohnrauminitiative“, ein vom Caritasverband der Diözese Rottenburg-Stuttgart betriebenes Modell, hat jetzt einen Meilenstein erreicht – 2.000 Personen wurden mit Wohnraum versorgt.

Die weniger gute Nachricht: Die Weiterführung des Programms ist bedroht, denn die Mittel aus dem Fonds „Bezahlbarer Wohnraum“ sind nicht unbegrenzt und werden in absehbarer Zeit aufgebraucht sein. Die Finanzierung der kirchlichen Wohnrauminitiative läuft – je nach Region – bereits Ende 2026 oder spätestens bis März 2028 aus. In den Regionen, die als erste gestartet sind, ist die Fortführung der Wohnraumvermittlung nur noch bis Ende 2026 gesichert.

Was das Ende der Projekte bedeutet, zeigt ein Vergleich mit dem Schaffen von Wohnraum durch Neubau: dort würden von Baustellen die Bauarbeiter abgezogen, Baumaterial und Werkzeug zerstört, Gerüste abgebaut, Fundamente geschliffen und die Widmung der Baugebiete aufgehoben. Soziale Wohnraumvermittlung schafft Baugebiete ohne Baugebiet: es wird Wohnraum geschaffen durch soziale Programme. Was beim Neubau der Zement für den Beton, sind hier die Kontakte: das Bindemittel. Wenn sie nicht gepflegt werden, entsteht ein kapitaler Bauschaden. Die Wohnrauminitiative hat über sechs Jahre wertvolle Kontakte aufgebaut. Sie kooperiert mit Kirchengemeinden, Kommunen und der Zivilgesellschaft. Dieses Netzwerk an Kontakten versorgt das Gebiet der Caritas-Regionen, etwa die Hälfte Baden-Württembergs. 

Die Mittel aus dem Fonds „Bezahlbarer Wohnraum“ sind nicht unbegrenzt und werden in absehbarer Zeit aufgebraucht sein.

Daniel Fuhrhop

Die Mittel aus dem Fonds „Bezahlbarer Wohnraum“ sind nicht unbegrenzt und werden in absehbarer Zeit aufgebraucht sein.

Jede neu gebaute Sozialwohnung verschlingt ein Mehrfaches an Fördergeldern gegenüber den kirchlich vermittelten Wohnungen

Für Deutschland beziffert das Konzeptpapier die Zahl der Programme des „Sicheren Vermietens“ auf 69, davon kommen 42 Programme aus Baden-Württemberg. 29 von ihnen gehörten zum ehemaligen Landesprogramm „Raumteiler“, darunter als Pionier die Stadt Karlsruhe, die schon lange vorher tätig war. Zudem akquirieren bald sieben Housing First-Projekte Wohnraum für soziale Zwecke.

Der Caritasverband der Diözese Rottenburg-Stuttgart betreibt die „Kirchliche Wohnrauminitiative“ mit zehn regionalen Projekten: Sie hat durch Zwischenmiete und Mietbegleitung seit dem Projektstart 2019 bislang knapp 800 Wohnungen vermittelt, dadurch 50.000 Quadratmeter Wohnraum wieder genutzt und 2.000 Menschen mit Wohnraum versorgt. Ein Konzeptpapier liefert hierfür einen interessanten Kostenvergleich: Die Kosten der Kirchlichen Wohnrauminitiative liegen bei etwa 10.000 Euro je vermittelter Wohnung – während jede neu gebaute Sozialwohnung ein Mehrfaches davon an Fördergeldern verschlingt.

Insgesamt 641 Millionen Euro flossen in Baden-Württemberg im Jahr 2024 in sozialen Wohnraum [1]. Dadurch entstanden fast exakt 3.000 Sozialwohnungen – jede davon wurde mit mehr als 200.000 Euro gefördert. Trotz dieses Aufwands konnte der Bestand an Sozialwohnungen bei gut 50.000 nur etwa stabil gehalten werden, was ist im Vergleich zu anderen Bundesländern bereits als Erfolg zu deuten ist. Früher aber lag die Zahl der Sozialwohnungen bei über 100.000. Nötig wären dem Verbändebündnis „Soziales Wohnen“ zufolge sogar 250.000 [2].

Finanziert wird die Kirchliche Wohnraumoffensive zu etwa zwei Dritteln von der Diözese Rottenburg-Stuttgart, die insgesamt über acht Millionen Euro beisteuerte; ein Drittel geben die Caritas-Regionen dazu. Doch die Mittel aus diesem kirchlichen Fonds „Bezahlbarer Wohnraum“ werden in absehbarer Zeit aufgebraucht sein. Die Finanzierung der kirchlichen Wohnrauminitiative endet je nach Region bereits Ende 2026 oder spätestens März 2028. Der Wohnwendeökonom Dr. Daniel Fuhrhop mahnt: „Hier ist ein Erfolgsmodell bedroht, das dringend benötigten sozialen Wohnraum schafft, und das zu deutlich günstigeren Kosten als beim sozialen Wohnungsbau. Da es eine politische Aufgabe ist, bezahlbaren Wohnraum für alle zu ermöglichen, sollte das Land das Modell der Kirchlichen Wohnrauminitiative fortführen. Es sollte darüber hinaus in sämtlichen Städten und Landkreisen eingeführt werden.“

„Wohnungsnot trifft die Schwächsten am härtesten“

Die soziale Wohnraumvermittlung bringt zudem wohnungslose Personen und auch Familien in reguläre Mietverhältnisse, die zuvor durch die Kommunen vorläufig untergebracht waren. So sagt Dr. Annette Holuscha-Uhlenbrock, Caritasdirektorin der Diözese Rottenburg-Stuttgart e.V.: „Wohnungsnot trifft die Schwächsten am härtesten. Sie müssen einen hohen Anteil ihres Einkommens für die Miete aufbringen.“ Zugleich sei das Angebot an bezahlbarem Wohnraum gering und um diese wenigen bezahlbaren Wohnungen konkurrierten viele Menschen. „Unsere Wohnrauminitiative beweist aber: bezahlbarer Wohnraum lässt sich schaffen – doch wir können das nicht länger allein stemmen. Jetzt ist die Politik gefragt, dieses erfolgreiche Modell zu sichern und auszubauen.“ Quellen: Daniel Fuhrhop / si

 

[1] Land Baden-Württemberg 6.2.2025, Pressemitteilung: 3.000 neue Sozialwohnungen

[2] Pestel Institut und Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e.V. (2025): Wohnungsbau und Wohnungsmärkte 2025: Bilanz zur Bundestagswahl. Das Bauen und Wohnen in Deutschland sozial neu justieren. Beauftragt vom Verbändebündnis „Soziales Wohnen“.