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Fiep fiep, ich bin dein Bodycheck

Haben Sie heute schon die Batterie Ihres Körpers gecheckt? Ehrlich nicht? Dann sind Sie entweder nicht woke oder bekennender Sportmuffel. Beides ist aus meiner Sicht völlig okay. Ich jogge sehr gerne. Am liebsten in der Gruppe, da ist es nicht so schwierig, in der trüben Jahreszeit den Schweinehund von der Schulter zu schubsen. Mein Problem dabei: Ich bin berufsgeprägt kommunikativ. Sogar beim Laufen bin ich nur so schnell, dass ich noch diskutieren kann. Aber als Quasselstrippe zu laufen ist gar nicht so einfach. Nicht weil mir die Puste ausgeht (auch das kommt vor), sondern weil meine Mitläufer nicht über Gott und Tübingens kleine Welt diskutieren, sondern permanent ihre Daten checken. Ich spreche über die Klimakrise, und neben mir fiept es. „Wir laufen zu schnell“, sagt nicht mein Laufkumpel, sondern seine Uhr.

Vielleicht sollte ich anstatt über die Klimakrise über Datenkraken diskutieren. Hängt schließlich zusammen, Datenübertragung ist ein Energiefresser. Weltweit haben im Jahr 2019 IT-Geräte und -Anwendungen 800 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr produziert. Das entsprach in etwa den Gesamttreibhausgas-Emissionen Deutschlands. Leide ich etwa unter chronischer Klickscham? Neee, sicher nicht, aber Sätze wie „Was sagt denn deine Body Battery“ bringen mich doch aus dem Tritt. Nicht aus politischer Correctness, sondern weil Lachen und Laufen nicht gut zusammengehen. Diese „Körperbatterie“ zeige den Fitness-
zustand. So so. Ich versuche mir bildlich vorzustellen, wie das gehen könnte und wo die Batterie ihren Sitz hat. Im Kopf anstelle des Hirns? Oder im Rücken, damit sie einfach austauschbar ist? Laufe ich mit Cyborgs, Mischwesen aus Mensch und Maschine, die nicht merken, wann sie genug haben und die Entscheidung darüber an das Teil um ihr Handgelenk und den „großen Bruder“ im Hintergrund delegieren? Steuert der sie zur nächsten Sitzbank, wenn die „Batterie“ alle ist? Verpfeift er sie bei Krankenkasse oder dem Chef, wenn sie sich mal nicht brav bewegt haben?

Meine „Körperbatterie“ sollte nach dem Aufwachen aus einem erholsamen Schlaf in der Regel am höchsten geladen sein, lese ich im Werbeflyer. Ich hätte gedacht, dass man die am besten flüssig betankt, also zum Beispiel im Rahmen einer fröhlich durchzechten Nacht mit guten Freunden. Und die Variabilität meiner Herzfrequenz zeige mir, ob ich Stress habe oder ausgeruht bin, erläutert mir mein Laufkumpel einen weiteren ­Nutzen seines digitalen Assistenten. Bisher hat mir dazu bislang der morgendliche Blick in den Spiegel genügt. Bei mir sei da wohl Hopfen und Malz verloren, höre ich. Nun, damit komme ich ganz gut klar. Dabei bin ich eigentlich ein großer Fan von Digitalisierung. Aber eben nur, wenn sie Sinn ergibt. pgl