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Gewölbt integriert

Werden Solarmodule direkt als Fassade oder Überdachung in die Gebäudehülle eingefügt, nennt sich das gebäudeintegrierte Photovoltaik. Für überzeugende Lösungen braucht es Passgenauigkeit und Ästhetik. Durch individuell angepasste Größen, Formen und Glasaufbauten lassen sich die Glas-Glas-Module als Bauelement in eine Gebäudehülle einpassen. Architekten und Bauherren können heutzutage Solarfassaden mit ästhetisch ansprechenden Oberflächen realisieren, die mit klassischen Photovoltaikmodulen optisch nicht mehr viel gemein haben.

Das zeigt ein aktuelles Beispiel aus Marburg besonders gut. Die schwarze Photovoltaikfassade am MVZ Diagnostikzentrum in der Bahnhofstraße 30 besteht aus individuell gefertigten, rahmenlosen Glas-Glas-Modulen von Sunovation. Der Hersteller hat sich auf gebäudeintegrierte Photovoltaik spezialisiert. Die PV-Fassade wurde als vorgehängte hinterlüftete Fassade ausgeführt. Um den Besonderheiten des Bestandbaus gerecht zu werden, sind Module und Unterkonstruktion maßgefertigt. „Eigentlich handelt es sich um eine herkömmliche Glasfassade. Wir können jede Glasfassade auch als Photovoltaikfassade errichten. Es bedarf ein wenig mehr Planung und Technik, rechnet sich aber langfristig auch finanziell“, erklärt Hagen Plaehn, Architekt der Sanierungsmaßnahme.

Altes Gebäude neu gedacht

Plaehn hat das mehrstöckige Gebäude in einen modernen und zugleich funktionalen, nachhaltigen Bau verwandelt. Er hat dabei auf grundlegende Veränderungen der Bausubstanz verzichtet. Stattdessen hat er das vorhandene Gebäude als Basis für den neuen Entwurf herangezogen.

Er ließ die alte Fassade zurückbauen und durch die moderne, stromerzeugende Glasfassade ersetzen. Gestalterisches Kernelement ist eine neu entstandene Gebäuderundung, die durch die Überbauung einer innenliegenden Gebäudeecke entstanden ist. Sie schließt die vormals optisch unterbrochene Fassade und integriert sie gestalterisch in die Gesamtansicht.

Hervorgehobene Fensterausschnitte mit Passepartout-Rahmen ziehen sich als horizontale Lichtbänder entlang der Fassade und verleihen dem Gebäude gemeinsam mit der gewölbten Formgebung eine besondere Dynamik. Neben gestalterischen Überlegungen berücksichtigte Plaehn bei der Entwurfsfindung auch funktionale Aspekte: Für die ehemalige Innenecke konzipierte er ein großzügiges Treppenhaus mit Aufzug.

Besondere Photovoltaik ermöglicht besondere Architektur

Die PV-Module für die 317 Quadratmeter große Solarfassade hat Sunovation in Unterfranken produziert. Hierfür konfigurierte das Unternehmen die 161 Glas-Glas-Einheiten passgenau in 28 verschiedenen Geometrien. Zum Einhängen in die bauseitige Unterkonstruktion wurden sie mit rückseitig geklebten Rahmen in Structural-Glazing-(SG)-Bauart ausgestattet.

Die verglaste Fassadenrundung des Gebäudes ist ebenfalls mit Photovoltaikmodulen ausgestattet. Sunovation hat dafür gewölbte Glas-Glas-Module in fünf verschiedenen Höhen gefertigt. Sie sind zwei bis drei Quadratmeter groß und besitzen einen Radius von 2,5 Meter. Die rückseitigen SG-Rahmen wurden gebogen gefertigt und mit einem speziellen Produktionsverfahren passgenau mit den gewölbten Glas-Glas-Modulen verklebt. Hierbei wird der Modulverbund mittels eines kalten Verfüllprozesses hergestellt, der eine spannungsfreie Einbettung der Photovoltaikzellen in gebogene Gläser ermöglicht.

„Durch die Integration von Photovoltaikfassaden können Gebäude im Bestand optimal aufgewertet werden und einen aktiven Beitrag zur Erzeugung umweltfreundlicher Energie leisten“, sagt Sebastian Clausmeier, Vertriebsingenieur für gebäudeintegrierte Photovoltaik bei Sunovation. Ihm zufolge geht das Unternehmen bereits in der Planung der individuell konfigurierten Glas-Glas-Module auf die besonderen Anforderungen im Bestand ein und passt die Module entsprechend an.

Fassade erzeugt Strom zur Eigenversorgung

Die Photovoltaik ist ein Baustein, um das Gebäude zum ersten klimaneutralen radiologischen Zentrum Deutschlands werden zu lassen. Denn es verbraucht durch den Einsatz bildgebender Diagnostikgeräte enorm viel Strom. Die Fassadenanlage verfügt über eine installierte Leistung von 55 Kilowatt. Sie trägt neben einer klassischen Solaranlage auf dem Flachdach zur Stromerzeugung direkt am Ort des Verbrauchs bei.

Die Module funktionieren mit jeweils eigenen Leistungsoptimierern. Sie garantieren eine optimale Modulleistung und ermöglichen ein modulgenaues Monitoring. Der Anlagenüberwachung kommt in diesem Projekt eine besondere Bedeutung zu, denn die Fassadenanlage ist als Bürgersonnenkraftwerk des Vereins Sonneninitiative konzipiert, der sich im Bereich Umwelt- und Klimaschutz durch Förderung regenerativer Energiegewinnung engagiert. Mit dem Projekt in Marburg hat er die gebäudeintegrierte Photovoltaik für sich neu entdeckt.

Bestandsbau mit Photovoltaik umgestaltet: Wo sich früher ein Gebäudeausschnitt war, rundet nun eine gewölbte Photovoltaikfassade die Stelle ab.

Bilder: Sonneninitiative

Bestandsbau mit Photovoltaik umgestaltet: Wo sich früher ein Gebäudeausschnitt war, rundet nun eine gewölbte Photovoltaikfassade die Stelle ab.

Bautafel

Architekt: a.p.l. – architekten plaehn und lüdemann

Anlagenbetreiber:
Sonnen­initiative e.V. in Koop. mit den Stadtwerken Marburg

PV-Fassade:
317 m² Glas-Glas-Module Sunovation Eform color HPB

PV-Leistung: 55 KWp

Netzanschluss:
November 2021