Hallo zusammen,
ich bin derzeit an der (Um)- Planung eines Bestandsgebäudes (Nichtwohngebäude) aus den 60er Jahren, welches in den 90ern saniert wurde, beteiligt. Für das Gebäude gibt es aktuell keinen Energieausweis. Die Gebäudehülle soll aus Kostengründen soweit wie möglich unsaniert bleiben. Lediglich einzelne Fenster sollen ausgetauscht werden. Im Inneren des Gebäudes erfolgt u.a. eine Umnutzung von Lagerflächen zu Serverräumen und es entstehen durch Raumtrennungen ein paar neue Büros. Wahrscheinlich ergeben sich durch die Umnutzung auch noch einzelne Veränderungen in der TGA.
Der Nachweis nach GEG erfolgt lediglich anhand §48. Eine energetische Untersuchung nach §50 wird also nicht durchgeführt. Dem §80 (2) ist zu entnehmen, dass für das Gebäude ein Energieausweis auszustellen ist, "wenn unter Anwendung des § 50 Absatz 1 und 2 für das gesamte Gebäude Berechnungen nach §50 Absatz 3 durchgeführt werden".
Nun zu meiner Frage: Da ich ja keine Berechnung nach § 50 durchführe, sondern lediglich einen Bauteilnachweis nach §48 mache, muss ich also weiterhin keinen Energieausweis für das Gebäude ausstellen?
und noch eine Frage: das Gebäude wird behördlich genutzt. Dem §80 (6) ist zu entnehmen, dass, sofern das Gebäude mehr als 250 m² Nutzfläche und starken Publikumsverkehr hat, der Eigentümer sicherzustellen hat, dass ein Energieausweis ausgestellt wird. Was ist in dem Zusammenhang unter "starkem Publikumsverkehr" zu verstehen.
Vielen Dank für eure Unterstützung, Lorenz
4 Antworten
Mir ist nicht 100%-ig klar, ob du als Planender oder als Bauherr fragst.
Ich gehe mal davon aus, dass du Planender bist. Und du scheinst die Antwort auch zu kennen.
Ja, der Nachweis kann nach §48 erfolgen. Ob der Bauherr/Eigentümer einen Energieausweis benötigt, das ist erst mal nicht dein Problem. Wenn er einen benötigt, dann kann er die Erstellung beauftragen.
Selbst wenn du im Rahmen der Planung die Berechnung für das Gesamtgebäude gemacht hast, z.B. als Effizienzgebäudenachweis oder für andere Förderungen, bist du nicht verpflichtet den Energieausweis auszustellen. Er muss extra im Rahmen der Beauftragung vereinbart sein. Auch wenn der Großteil der Berechnung im Rahmen der Planung gemacht -und hoffentlich auch honoriert- wurde, bleibt für die Erstellung des Energieausweises ein gewisser Restaufwand. Der ist bei dir dann natürlich deutlich geringer als eine komplette Erstellung eines Bedarfsausweises, da du ja die Berechnungsgrundlage schon hast.
Warum der Eigentümer einen Energieausweis benötigt, das kann die auch relativ egal sein. Nach GEG "hat der Eigentümer sicherzustellen hat, dass ein Energieausweis ausgestellt wird" wenn er ihn benötigt. Er scheint ja bis jetzt keinen benötigt zu haben, und die Nutzung ändert sich nicht maßgebend.
Vielen Dank für deine Antwort. Ich präzisiere meine Anfrage:
Ich trete als Planender auf, wir befinden uns derzeit in LP 2 und klären Zusammenhänge und Aufgabenstellungen. Das Honorar beinhaltet derzeit keine energetische Betrachtung des Gebäudes. Es wird also auch kein 3D Modell erstellt, eine Berechnungsgrundlage für einen Energieausweis besteht demnach nicht. Ich berate lediglich dahingehend, die Anforderungen an die U- Werte gemäß §48 einzuhalten. Wenn allerdings zu einem späteren Zeitpunkt aufkommt, dass ohnehin ein Energieausweis benötigt wird, müsste ich ein 3D- Modell erstellen und zusätzlich eine primärenergetische Untersuchung durchführen. Dafür bräuchte ich wiederum ein angepasstes Honorar. Weiterhin möchte ich vermeiden, dass das Thema erst in LP 5 aufkommt und ich dann die primärenergetischen Anforderungen u.U. nicht einhalten kann.
Dass der Bauherr Verantwortung dafür trägt, einen Energieausweis zu besitzen, sofern er dazu verpflichtet ist, ist mir bewusst. Allerdings möchte ich ihn dahingehend vernünftig beraten und spätere Planungsrisiken vermeiden.
Kurz gesagt: Wenn er keinen Energieausweis benötigt, führe ich den Nachweis anhand §48 und belasse das "niedrige" Honorar. Benötigt er jedoch, aus welchen Gründen auch immer, ohnehin einen Energieausweis, erstelle ich ein 3D- Modell des Gebäudes und führe eine primärenergetische Untersuchung des Gebäudes durch. Dann mit angepasstem Honorar.
Die Formulierung in §80 (2) verwirrt mich ein wenig, da diese meiner Interpretation nach besagt, dass ein Energieausweis verpflichtend ist, sofern eine primärenergetische Untersuchung durchgeführt wird. Wird jedoch keine primärenergetische Untersuchung durchgeführt, kann auf den Energieausweis verzichtet werden. Da verstehe ich den Sinn nicht ganz...
Falls die Werte nach §48 nicht eingehalten werden könnten und eine Gesamtberechnung des Gebäudes notwendig wird, dann müssten nachweistechnisch die 140% des Referenzgebäudes eigehalten werden. Das ist noch im Rahmen der Planungsleistung, und sollte im Angebot evtl. berücksichtigt werden.
Werden allerdings die Werte nach §48 eingehalten und trotzdem, z.B. als Basis für die Erstellung eines Energieausweises, Gesamtberechnungen für das Gebäude gemacht, dann sind keine primärenergetischen oder Hüllflächen-Anforderungen einzuhalten. Der Energieausweis hat keine Grenzwerte, er dokumentiert nur den energetischen Zustand.
Der Sinn der Einschränkung ist es den Aufwand einzuschränken. In den meisten Fällen existiert ja ein Energieausweis mit 10 Jahren Gültigkeit. Soll nun, z.B. bei einer Dachsanierung, jedes Mal eine komplette Gebäudeberechnung gemacht werden? Es müsste dann ja ein Bedarfsausweis sein, denn ein Verbrauchsausweis mit den Werten der letzten 3 Jahre würde die Dachsanierung auch nicht widerspiegeln. Da lässt man halt den alten Energieausweis weiterlaufen und erstellt dann eben nach dessen Auslaufen einen neuen Ausweis. Dann evtl. günstiger auf Verbrauchsbasis.
Wenn der Bauherr aber unbedingt einen Energieausweis haben möchte, der die Sanierung widerspiegelt (und das passiert häufig), dann bekommt er ihn. Aber er muss dafür bezahlen.
Nachtrag: "starker Publikumsverkehr" ist unter Pkt. 27 im GEG definiert. Was unter einer "großen Zahl von Menschen" zu verstehen ist, obliegt dann wohl dem Bearbeiter/ der Situation...