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In 2,7 Sekunden der Apokalypse entgegen

Elektroautos gelten gemeinhin als ökologische Alternative zu Benzinkutschen. Und wären sie so klein und leicht wie ursprünglich mal angedacht, dann müsste man auch nicht über ihre Ökobilanz oder die bei der Batterieproduktion verbrauchten Rohstoffe diskutieren. Die Menschen würden sich einfach hineinsetzen und klima- und umweltfreundlich von A nach B fahren. Naturverträglich würden die Fahrerinnen und Fahrer mit ihnen durch die Lande surren und in den Städten nur wenig Platz mit den Vehikeln zustellen. Ich weiß, eine Träumerei. Denn in der Realität ähneln auch die Elektroversionen der Individualfahrzeuge immer mehr ihren fossilen Vorbildern. Aber was Tesla mit dem Cybertruck auf den Markt gebracht hat, spottet jeder noch so abgespeckten Öko-Idee eines E-Autos.

Mit dem E-Pickup verkehrt der US-Hersteller sie ins genaue Gegenteil. Und das in mehrfacher Hinsicht. Erstens ist der Bolide mit seiner kantigen Form ästhetisch ein Entwurfsdesaster, mehr Waffe als Auto. So als wäre er einem Science-Fiction-Comic der sechziger Jahre entsprungen. Zweitens stellt er mit seinem Rohstoffverbrauch und mit einem Gewicht von drei Tonnen und bis zu drei Elektromotoren ressourcenmäßig eine Katastrophe dar. Und drittens verkörpert er, mit Panzerglas und Edelstahlverkleidung versehen, eine zutiefst reaktionäre Sicht auf die Welt: Nur die Starken kommen durch!

Von vorne bis hinten handelt es sich um ein menschenfeindliches Gebilde. Warum muss ein E-Auto aussehen wie ein rollender Tresor oder wie das Gefährt, mit dem die letzten Überlebenden versuchen, der Apokalypse zu entkommen? Und wer braucht so etwas? Das Auto wurde allein gebaut, um zu beeindrucken. Trotz seines Gewichts beschleunigt der Koloss in 2,7 Sekunden von Null auf Hundert – und kann dabei noch eine Anhängelast von fünf Tonnen hinter sich herziehen. Es ist das rollende Versprechen in Welten vorzustoßen, in die vorher noch kein Pickup gelangen konnte. Ein Sieg des Egoismus über jede Vernunft. Eine Feier der Ignoranz gegenüber jedem weiteren Leben neben einem. Ob der Strom, mit dessen Hilfe sich der Cybertruck durch die Straßen wälzt, aus erneuerbaren Energien stammt, spielt keine Rolle. Please, lasst uns in eine Wirklichkeit fahren, in der die menschlichen Bedürfnisse zählen und nicht infantile Angeberwünsche. Und in der Elektrofahrzeuge gebaut werden, die die verheerenden Auswirkungen des fossil betriebenen Individualverkehrs ­lindern. jb

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