Das Holz knarrt und ächzt, während die Zahl auf dem Bildschirm immer weiter ansteigt. Bei über 100 Kilonewton Horizontallast ertönt ein lauter Knall – einer der Balken in der zweigeschossigen Hauswand ist unter dem enormen Druck gespalten. Forscherin Nadja Manser an der Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) ist zufrieden. Der Versuch dient dazu, eine Lücke bei der statischen Berechnung von Bauten in Holzrahmenbauweise zu schließen. Denn bislang werden Wände mit Fensteröffnungen für die horizontale Aussteifung nicht berücksichtigt, weil Daten zu ihrem Tragverhalten fehlen. Die krachenden Versuche bilden den Abschluss eines vierjährigen Forschungsprojekts der Empa, der Berner Fachhochschule und der ETH Zürich. Das Ziel: mehr Effizienz im Holzrahmenbau dank verbesserter statischer Berechnungen. Die Erkenntnisse aus den Druckversuchen fließen in ein Computermodell.
Mit Wind und Erdbeben rechnen

Empa
Gebäude müssen nicht nur den vertikal wirkenden Lasten standhalten wie Schnee und Eigengewicht, sondern auch solchen, die von der Seite einwirken, etwa durch Stürme oder Erdbeben. Die horizontalen Lasten müssen Bauingenieur:innen berechnen, um ausreichend steife und tragsichere Bauten zu entwerfen. Beim Holzrahmenbau gibt es bislang jedoch weder in der Schweiz noch in anderen europäischen Ländern eine Regelung dazu, wieviel Horizontallast eine Holzrahmenwand trägt, wenn sie eine Fensteröffnung enthält. Erste Versuchsergebnisse zeigen, dass ihr Beitrag an die Gebäudeaussteifung groß genug ist, damit in Zukunft weniger teure und arbeitsintensive Stahlverankerungen benötigt werden. „Bei gewissen Gebäuden kann womöglich auf einen Betonkern verzichtet werden, der heute bei vielen Holzbauten notwendig ist, um die gewünschten Steifigkeitswerte zu erreichen“, erklärt Manser. Dies spart Zeit und Material und ermöglicht günstigere Holzbauten. Quelle: Empa / jb