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Ölkessel raus, Sonnenstrom rein

Die Diskussion, inwieweit sich mit alternativen Energieträgern die fossilen Klassiker Erdöl und Gas für das Heizen von Gebäuden ersetzen lassen, treibt Bauherren und Planer nicht erst seit Einführung der EnEV um. Besonders im Fokus stehen immer wieder typische ältere Einfamilienhäuser ab 1960 bis in die 1980er Jahre, die den Besitzer wechseln oder bei denen die alten Ölheizungen in die Jahre gekommen sind und ausgetauscht werden müssen.

Vor dieser Situation stand auch eine Familie in Gütersloh. Sie bewohnt ein zweigeschossiges Einfamilienhaus aus dem Jahr 1978 mit einer Wohnfläche von 138 m2 (Abb. 1). Beheizt wurde das freistehende Gebäude bis 2010 mit einer Ölheizung. Die Dämmung des Gebäudes entspricht der damals gültigen ersten Wärmeschutzverordnung aus dem Jahr 1977. Der Energieverbrach pro Jahr war – entsprechend der damaligen Qualität der Gebäudehülle – überdurchschnittlich hoch und ebenso die Kosten (Abb. 2).

Da die Familie keine baulichen Veränderungen vornehmen wollte, kam eine Dämmung der Gebäudehülle leider nicht in Frage. Sie entschieden sich im Jahr 2010 lediglich, die alte Ölheizung gegen eine strombetriebene Infrarotheizung mit unterstützender Photovoltaik zu ersetzen.

2 Auflistung der jährlichen Heiz- und Betriebskosten für die Öl-Zentralheizung

2 Auflistung der jährlichen Heiz- und Betriebskosten für die Öl-Zentralheizung

Infrarotheizungen mit PV-Unterstützung: eine wirtschaftliche Alternative

Installiert wurden zwölf Infrarotheizmodule mit einer Gesamtleistung von 6,95 kWh, für deren Anschaffung die Familie inklusive der Thermostate 6150 Euro investierte. Hinzu kamen Installationskosten von rund 1100 Euro. Die Photovoltaikanlage war 2010 mit Anschaffungskosten von rund 34 000 Euro bei einer Leistung von 11 bis 12 kWh im Vergleich zu heutigen Systemen sehr teuer. Zudem fehlt bis heute ein Stromspeichermedium. Daher nutzen die Eigentümer den produzierten Strom soweit wie möglich selbst und speisen den überschüssigen Strom in das Netz ein, der zu einem Preis von 0,21 Euro brutto pro Kilowattsunde vergütet wird.

Die Heizmodule bezog die Familie von dem Unternehmen Vasner aus Verl. Der Infrarottechnik-Spezialist begleitet das Projekt seitdem. Dr. Jan Motschull, Mitglied der Geschäftsleitung, erinnert sich: „Wir hatten von Beginn an bis heute die Gelegenheit, die Ergebnisse der Energieverbräuche zu dokumentieren. Diese Langzeitbetrachtung über inzwischen neun Jahre führte zu interessanten Resultaten: zum einen sind die reinen Heizkosten mit der Infrarotheizung und PV-Unterstützung um 260 Euro pro Jahr günstiger als mit einer Ölheizung –obwohl die Strompreise in Deutschland vergleichsweise hoch sind. Rechnet man die Kosten für Wartung und Schornsteinfeger noch hinzu, liegt der Kostenvorteil sogar bei 510 Euro. Zum anderen beobachten wir deutlich gesunkene Gesamtenergiekosten – obwohl das Gebäude damals und bis heute nicht gedämmt wurde.“ In der Tabelle in Abb. 3 sind die durchschnittlichen Jahres-Energiekosten und -verbräuche von 2010 bis heute abzulesen. Im Mittel wurde der Strom über den betrachteten Zeitraum hinweg zu einem Preis von 0,23 Euro bezogen. Abzüglich der Erstattung für die Stromeinspeisung verbleiben Gesamtenergiekosten in Höhe von 1256 Euro (Abb. 4).

3 Auflistung des Gesamtstromverbrauchs des neuen Heizkonzeptes aus Infrarotheizung und PV-Anlage

3 Auflistung des Gesamtstromverbrauchs des neuen Heizkonzeptes aus Infrarotheizung und PV-Anlage
4 Bilanzierte Energiekosten einschließlich Rückerstattung aus der Strom-einspeisung

4 Bilanzierte Energiekosten einschließlich Rückerstattung aus der Strom-einspeisung

Stromspeichermedium macht die Kombination aus Infrarotheizung und PV noch ­effizienter

„Nach nun mehr neun Jahren Betriebszeit der Kombination aus Infrarot und Photovoltaik stellen wir fest, dass sich die Gesamtenergiekosten durch die Erstattung für den eingespeisten Strom aus der PV-Anlage in diesem Zeitraum um 2422 Euro pro Jahr gesenkt haben“, resümiert Motschull. Kalkuliert man mit heutigen Anschaffungskosten für die einzelnen Heizsysteme, sprechen die Zahlen für das hier betrachtete Einfamilienhaus immer noch eindeutig für eine Infrarotheizung: Die Kosten für das Infrarot-Heizungssystem würden sich aktuell auf 3600 Euro, zzgl. rund 900 Euro für die Thermostate belaufen. Eine Ölheizung würde ohne Installation mit rund 13 000 Euro, eine Gasheizung mit etwa 7000 Euro zu Buche schlagen.

5 Heizung als multifunktionales Designelement: Schon 2010 gab es Infrarot-Spiegelheizungen, installiert in dem Einfamilienhaus aus dem Jahr 1978.

Bild: Vasner

5 Heizung als multifunktionales Designelement: Schon 2010 gab es Infrarot-Spiegelheizungen, installiert in dem Einfamilienhaus aus dem Jahr 1978.

Diese Ersparnis lässt sich heute bei einem Neubau direkt für die Investition in eine PV-Anlage mit Speichermedium nutzen, denn ohne Stromspeicher kann nur wenig des produzierten Stroms für die Infrarotheizung genutzt werden. Denn eine Photovoltaikanlage erzeugt gerade dann viel Strom, wenn dieser kaum bis gar nicht für das Heizen genutzt werden kann, nämlich im Sommer. Im Winter hingegen ist der Bedarf an Heizenergie in der Regel hoch, die PV-Anlage kann jedoch nur wenig Energie liefern. Und dennoch: die Photovoltaikanlage amortisiert sich nach rund neun Jahren.

Bei dem untersuchten Einfamilienhaus zeigte sich, dass sich Anschaffung und Betrieb von Infrarotheizung und Photovoltaikanlage in der Mischkalkulation rechnen. Und zwar trotz ungünstiger Ausgangsituation. „Mit einem Stromspeichermedium wäre das Ergebnis noch besser. Weiter optimieren ließe sich die Performance, wenn die energetische Substanz des Gebäudes eine bessere wäre“, betont Motschull. Er ist überzeugt: „Mit einer zeitgemäßen Dämmung und einem modernen Speicher ließen sich Energieverbrauch und -kosten um fast 40 Prozent reduzieren. Und mit den heutigen, geringeren Anschaffungskosten einer PV-Anlage, die dazu noch leistungsfähiger ist, wäre der Vorteil noch größer.“

Dazu kommt, dass sich das Angebot an effizienten und attraktiven Infrarotheizungen in der Zwischenzeit deutlich weiterentwickelt hat. So stehen heute in den Regalen der Anbieter Heizkörper in unterschiedlichsten Farben und Formen zur Auswahl – manche kombinieren ihre Heizfunktion zusätzlich mit praktischen Anwendungen: sie lassen sich beispielsweise mit Kreide beschriften und damit als Tafel nutzen (Abb. 6).

6 Inzwischen bieten die Hersteller von Infrarotheizungen Heizkörper in unterschiedlichen Farben und Designs an – unter anderem auch als beschreibbare Tafel.

Bild: Vasner

6 Inzwischen bieten die Hersteller von Infrarotheizungen Heizkörper in unterschiedlichen Farben und Designs an – unter anderem auch als beschreibbare Tafel.

Infrarottechnologie

Infrarotheizungen und -strahler erwärmen dank ihrer Strahlung im elektromagnetischen Bereich nicht die Umgebungs- oder Raumluft, sondern feste Körper oder Elemente. Der Mensch sowie die Umgebung „speichern“ so die Wärme. Das spart Heizkosten. Da Infrarotstrahlung keine Konvektion erzeugt, wirbeln auch keine Staubpartikel durch den Raum, was für Allergiker oder zugempfindliche Menschen von Vorteil ist. Außerdem entsteht kein Temperaturgefälle an Wänden, Decken und Böden eines Raumes – die Wärme verteilt sich gleichmäßig und wird zeitverzögert wieder abgegeben. Der Schimmelbildung wird bei diesem Raumklima effektiv entgegengewirkt. Die Anschaffungskosten für Infrarotheizsysteme sind vergleichsweise gering, die Technik ist einfach, wartungsarm und nicht störungsanfällig. Schädliche Emissionen bleiben aus.

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