Die Bauwerksbegrünung bietet viele Möglichkeiten, wie sich Städte an das Klima anpassen, Biodiversität erhalten und Feinstaub binden können. Trotzdem sind viel zu wenige Dächer und Fassaden von Neu- oder Bestandsgebäuden begrünt. Bei dem BuGG-Fachkongress, der am 6. und 7. Mai in Berlin stattfand, ging es vor allem um die nachträgliche Begrünung. In 24 Fachvorträgen gaben 26 Referierende Einblicke zu Strategien und Projektbeispielen. Über 200 Teilnehmende kamen zusammen.
Wie KI bei der Planung hilft
Einen wichtigen Aspekt stellte Peter Küsters vom Fachplanungsbüro Grün.Stadt.Klima vor. Er präsentierte die Online Plattform Greenpass. Die KI erstellt einen digitaler Gebäudezwilling und simuliert die Auswirkungen einer Dach- und Fassadenbegrünung. Als Praxisbeispiel zeigte er das Alexianer Krankenhaus an der Hedwigshöhe in Berlin Treptow-Köpenick. Dafür hat sein Büro eine Klimaanpassungsstrategie erstellt. Küsters verwies auf das große Potenzial vorhandener Flächen.
„Wir brauchen keine riesengroßen Flächen“
Daran knüpfte auch Staatssekretärin Britta Behrendt (CDU) von der Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt an. „Wir brauchen keine riesengroßen Flächen“, betonte sie. Man müsse auch kleine Flächen in der Stadt begrünen. Insgesamt wolle sie sich für die Ausweitung und Erhaltung von Grünflächen sowie für deren Förderung einsetzen. Oftmals fehle es an Informationen zu dem Thema. Sie ermutigte die Teilnehmenden: „Lassen Sie sich nicht abschrecken von Fragen und Kritik“.

Alisia Romeo
Hier gibt es Informationen zur Bauwerksbegrünung
Für Andrea Wegner von der Verbraucherzentrale NRW stellt der Mangel an Informationen sogar die größte Hürde dar. Oft seien Informationen zu dem Thema unverständlich erklärt: das wolle die Verbraucherzentrale auf ihrer Internetseite www.klimakoffer.nrw anders machen. Die Seite bietet Pflanzen und Fördermittellisten. Aber Bauwerksbegrünung müsse auch erlebbar sein, erklärte Wegner. Aus diesem Grund organisiert die Verbraucherzentrale Klimaspaziergänge, bei denen die Teilnehmenden mit Menschen, die ihr Haus bereits begrünt haben, in Kontakt kommen.
Kontakt und Ansprechpartner finden
Wie fängt man so eine Begrünung an? An wen wende ich mich? Christiane Heinichen vom Leipziger Umweltbund Ökolöwe informierte über Erstberatungen zur nachträglichen Fassadenbegrünung. Es brauche kostenlose Unterstützung, damit mehr Menschen eine Beratung in Betracht ziehen und im Anschluss auch eine Begrünung umsetzen. Auch müsse man Beratungen vor Ort anbieten, erläuterte Heinichen. So könne man Wissen vermitteln und mit den Leuten zusammenarbeiten.
Das Zwischenmenschliche spielte auch in dem Vortrag von Architekt und Energieberater Andreas Halboth eine große Rolle. Er betonte die Wichtigkeit der Energieberatung, denn die Beratenden könnten einen emotionalen Bezug zu den Kunden und so auch zur Nachhaltigkeit schaffen.
Begrünung als Nachhaltigkeitsleistung und Baumaßnahme
Dieser Nachhaltigkeitsbezug könnte auch in Unternehmen verstärkt werden. Dies lässt sich aus den Zahlen des Vortrags von Jürgen Utz der Holdinggesellschaft List AG ableiten. Demnach dokumentieren 70 Prozent der Unternehmen keine klimaresilienten Maßnahmen. Er erklärte in seinem Vortrag das EU-Nachhaltigkeitsreporting (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD). Diese EU-Richtlinie verpflichtet Unternehmen, detailliert über ihre Nachhaltigkeitsleistungen zu berichten. Auch die Unternehmen würden profitieren, denn Klimamaßnahmen generieren langfristig stabile Wertschöpfung. Utz forderte kein statisches Nachhaltigkeits-Zertifikat, das sich Unternehmen kaufen könnten, sondern einen dynamischen Prozess innerhalb der Unternehmen.
Matthias Kaiser von der TU Dortmund plädierte dafür, Instandhaltung von Dächern und Fassaden mit Begrünung in einer Baumaßnahme zusammenzufassen. Diese solle dann von Unternehmen und öffentlichen Trägern als neues Standardvorgehen umgesetzt werden, erklärte Kaiser. Ob Dachflächen geeignet sind, könne man per Fernerkundung und Luftbild analysieren und anhand von Kriterien wie Dachneigung und Bauweise ermitteln. Wichtig seien auch die Neubauten, denn 84 Prozent aller neuen Dächer sind nicht begrünt.
Geht nachträgliche Begrünung auch bei denkmalgeschützten Gebäuden?
Aber sind alle Gebäude geeignet? Wie funktioniert nachträgliche Begrünung bei denkmalgeschützten Gebäuden? Dazu stellte Ana Bianchin die Ergebnisse ihrer Masterarbeit vor. Sie hatte sich zum Ziel gesetzt, Begrünungsmaßnahmen zu fördern und praxisnahe Lösungen zu ermitteln. Aktuell gibt es hierzu keine einheitlichen Gesetze, wodurch oftmals viele Unsicherheiten im Genehmigungsprozess entstehen. Um diesen Prozess zu vereinfachen und um mehr denkmalgeschützte Gebäude zu begrünen, brauche man solche Gesetze sowie Förderprogramme. Ein schöner Lösungsansatz: Die Begrünung als Ergänzung des Bauwerks. So könne man beispielsweise historisch relevante Blumen auswählen, um die Bepflanzung in die Geschichte des Gebäudes zu integrieren. Quelle: BuGG-Fachkongress / ar