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Verbände fordern soziale Flankierung des Gebäudeenergiegesetzes

Die Unterzeichnenden kritisieren die zuletzt im Gesetzentwurf eingefügte Möglichkeit, weiter Erdgasheizungen einzusetzen, wenn diese Wasserstoff rein theoretisch verarbeiten können (“H2-ready”) und Gasnetzbetreiber einen Transformationsplan vorlegen. Diese Erfüllungsoption ist mit unvertretbaren finanziellen Risiken für Verbraucher*innen verbunden.

„Die Umstellung des Gebäudesektors auf eine nachhaltige Wärmeversorgung wird kein Selbstläufer und ist für die gesamte Gesellschaft eine Herausforderung: Gebäude müssen saniert und fossile Heizungen gegen echte erneuerbare Alternativen getauscht werden. Eigenheimbesitzer*innen, Heizungshandwerker*innen, Heizungsindustrie und viele weitere brauchen Planungssicherheit für den Umstieg zu erneuerbaren Energien und auch Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz des Gebäudebestands müssen sozialverträglich ausgestaltet werden“, heißt es in dem Papier. Es wurde unter anderem vom GIH, Umweltverbänden, der Verbraucherzentrale und dem Sozialverband VdK unterzeichnet.

Sie rufen drei in Regierungsverantwortung stehenden Fraktionen dazu auf, zu den Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag zu stehen und zusammen mit der GEG-Novelle u.a. eine ausgeweitete und zielgerichtete Förderung sowie zukunftsfähige Mieterschutzregeln auf den Weg zu bringen. Sie stellen drei Kernforderungen:

  • Die GEG-Novelle muss Verbraucher*innen Orientierung und Sicherheit geben, dass Heizungssysteme, die ab 2024 eingebaut werden, eine echte Alternative darstellen, Erdgas und Öl verlässlich und sozial gerecht durch erneuerbare Energien zu ersetzen.
  • Bei der GEG-Novelle muss eine zielgerichtete Förderung zwingend mitgedacht und unverhältnismäßige Belastungen vermieden werden.
  • Nicht zu handeln und darauf zu hoffen, dass Erdgas irgendwann durch grünen Wasserstoff ersetzt wird, führt zu fossilen Lock-Ins und großen finanziellen Risiken.
  • Grundsätzlich stehen die Verbände hinter dem Gebäudeenergiegesetz. „Der vorliegende Gesetzentwurf zeigt für den Bereich der Wärmeversorgung einen Weg auf, wie die Mammutaufgabe der Transformation zur Klimaneutralität im Gebäudesektor erfolgreich angegangen werden kann“, so das Papier. Spätestens seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine und der damit einhergehenden Drosselung der Gasimporte in die EU sei klar geworden, dass die Gasheizung keine Zukunft mehr habe. Neue Verunsicherungen sollten vermieden werden, indem das neue GEG Verbraucher*innen Planungssicherheit darin gebe, welche Erfüllungsoptionen verlässlich, sozialverträglich und klimaneutral sind.

    Die Verbände fordern nun insbesondere, die Belange von Mietenden und Eigentümer*innen mit geringem Einkommen und Vermögen müssten „vollumfänglich berücksichtigt werden.“ Das erfordere eine zielgenaue, bedarfsgerechten und sozial ausgewogenen Förderkulisse und eine Begrenzung der Kostenrisiken für Mietende beim Einsatz von Technologien, die sich aufgrund begrenzter Verfügbarkeiten ergeben. Unterstützung müsse es auch für Haus- oder Wohnungsbesitzer geben: „50% der Eigentümer*innen besitzen nicht die finanziellen Rücklagen, um die notwendigen Investitionen aus eigener Kraft zu stemmen. Darüber hinaus gibt es viele ältere Eigentümer*innen für die sich die Investition in ein anderes Heizungssystem im Laufe ihres Lebens nicht mehr amortisieren wird. Deswegen müssen Eigentümer*innen mit geringen Ersparnissen in die Lage versetzt werden, trotzdem die nötigen Investitionen in ihr Gebäude vorzunehmen.“, fordern die Verbände. Um die soziale Komponenten zu stärken sei eine Abwrackprämie nicht geeignet, die allein auf das Alter der zu ersetzenden Heizung abstellt. Es brauche zudem flexible Fristen und Ausnahmeregeln für z.B. Pflegebedürftige oder hochbetagte Menschen. Sobald diese Menschen die jeweiligen Häuser verlassen, müsse der notwendige Heizungstausch nachgeholt werden. Bedarf sehen die Verbände auch bei Menschen aus den untersten drei Einkommensdezilen oder mit geringen Rücklagen im eigenen Zuhause wohnen und beziffern deren Anteil auf 12% der Gebäudeeigentümer*innen). Für diese Gruppe sollten Möglichkeiten erarbeitet werden, die Umstellungskosten zu erneuerbaren Energien vollständig zu unterstützen. Außerdem sei es erforderlich, die Möglichkeit der Kreditvergabe an Eigentümer*innen zu gewährleisten, damit sie investieren können. Zumindest sollten Eigentümer*innen die Fördermittel anders als bisher auch direkt zur Bezahlung der Rechnung einsetzen können, damit sie diesen Teil der Investition nicht auch noch vorstrecken müssen. Eine weitere wichtige Rolle könnte in diesem Zusammenhang Pacht- oder Contractingmodelle zukommen, die speziell auf Personen ausgerichtet werden, die bislang z.B. aus Altersgründen von ihrer Hausbank keine KfW-Sanierungskredite erhalten.

    Im vermieteten Wohnungsbestand gelte es, finanzielle Risiken des technologieoffenen Ansatzes gerecht zwischen Vermietenden und Mietenden aufzuteilen und Mehrkosten für die Bewohner*innen wirkungsvoll auf ein angemessenes Maß zu begrenzen, zum Beispiel durch eine Mieterschutzklausel in Bezug auf die Begrenzung der Mehrkosten bei der Erfüllung des 65%-Erneuerbaren-Gebots. Auch die Umlagefähigkeit der anfallenden Kosten auf Mietende für Maßnahmen, die nicht mit dem Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestandes vereinbar sind, sollte bestmöglich begrenzt werden. In diesem Sinne würde der erneute Einbau einer Öl- und Gasheizung (zum Beispiel als Teil einer Hybridheizung oder im Falle von Gasetagenheizungen) als Instandsetzungsmaßnahme eingestuft werden. Dadurch würde diese Maßnahme im System der Modernisierungsumlage nicht mehr umlagefähig sein.

    Die Verbände wehren sich auch gegen die Option auf Wasserstoff zu setzen. „Die durch einen Wasserstoffkessel erzeugte Wärme ließe sich über eine Wärmepumpe sechs bis zehnmal effizienter bereitstellen, weil hier Umweltenergie aus Luft, Boden und Wasser nutzbar gemacht wird“, so das Positionspapier. Dennoch beinhalte der Gesetzentwurf der Ampelkoalition die Erfüllungsoption eines rein fossil befeuerten Gaskessels, wenn dieser für den Betrieb mit 20% Wasserstoff zertifiziert ist  und ein unverbindlicher Transformationsplan für das Gasnetz vorliegt. Der Gesetzentwurf erlege dabei auf, dass die Gasversorgung dieser Heizung bis spätestens zum Jahr 2035 auf den Betrieb mit 100% grünem oder blauem Wasserstoff umgestellt werden müsse. Es sei aber fraglich, wie das vollzogen werde. „Scheitert die Umstellung des Gasnetzes, müssten zwischenzeitlich eingebaute Gasheizungen teuer ersetzt werden. Bis dahin bezahlen die Betroffenen für fossiles Erdgas, dessen CO2-Preis sukzessive ansteigt“, mahnen die Verbände.

    Dabei sei im Übrigen auch zu beachten, dass Wasserstoff einen um zwei Drittel niedrigeren Heizwert hat. „Die Beimischung von zwanzig Volumenprozent Wasserstoff kann also nur 7% des Energiegehalts von Erdgas ersetzen. Der Rest muss durch einen erhöhten Gasverbrauch kompensiert werden.“ Quelle: Nabu / pgl