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Niemand soll immer mehr haben wollen müssen

Liebe Leserinnen und Leser, ich lade Sie zu einem kleinen gedanklichen Experiment ein. Was denken Sie, wenn Sie morgens an den Schreibtisch kommen und der Drucker noch eingeschaltet ist?

„Nicht so schlimm, es ist ja ein neues Modell mit einem sehr geringen Stand-by-Verbrauch.“ Oder kommt Ihnen in den Sinn: „Macht nix, der Drucker wird ja mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben.“ Oder denken Sie: „Mist, das Ding hätte ich auch ausschalten können.“

In allen drei Fällen geht es um Nachhaltigkeit, aber mit unterschiedlichen Ansätzen. Während die erste Antwort die Effizienz widerspiegelt, die zweite die Konsistenz – also die Nutzung regenerativer Energie, zeigt die letzte Variante die unbekannteste Säule der Nachhaltigkeit: die Suffizienz.

Zwar wurden Effizienz und Konsistenz in den letzten Jahren gesellschaftsfähig und dann auch überall präsent, doch die Suffizienz fristet bis heute ein Schattendasein. Und das hat auch seinen Grund. Denn Suffizienz ist mit Verzicht und mit Genügsamkeit verbunden. Diese Tugenden finden in der heutigen wachstumsorientierten Gesellschaft kaum noch Anhänger.

„In kapitalistischen Gesellschaften ist nur genug, was mehr wird. Suffizienz steht dem entgegen“ sagt Uta von Winterfeld vom Wuppertal Institut. Ihr Beitrag in dieser Ausgabe ab S. 12 ist ein eher ungewöhnlicher für eine Fachzeitschrift. Er liefert keine Ratschläge und keine zur Nachahmung empfohlenen Beispiele. Denn Missionieren in Sachen Suffizienz funktioniert nicht. Er dient vielmehr als Denkanstoß. Wir haben ihn ganz bewusst als Top Thema gewählt, weil das Thema unsere Redaktion fasziniert und zum Nachdenken angeregt hat. Wir finden, dass es sich lohnt, sich damit zu beschäftigen. Dazu wollen wir Sie einladen.

Und wenn Sie sich auf diese philosophische Reise einlassen, werden Sie eine Entdeckung machen: Suffizienz hat nicht nur ungemütliche Seiten, sondern auch etwas sehr Befreiendes. „Niemand soll immer mehr haben wollen müssen“, so von Winterfeld. Das ist ein wohltuender Kontrast zu dem Stress, dem Ballast und der Ungerechtigkeit, die unsere schneller-weiter-mehr-Gesellschaft produziert.

Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen. Wir freuen uns schon auf Ihre Berichte, wohin Sie Ihre persönliche „Suffizienz-Reise“ geführt hat!

Ihre

Energieberaterin und Chefredakteurin Dipl.-Ing. Britta Großmann