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Der Sinn von Thermografie-Kameras

Wenn Kunden rot sehen…

Wer Bauherren, Investoren oder Hauseigentümern zeigen kann, was man mit bloßem Auge nicht sieht, ist im Vorteil: Wärmebrücken an der Hausfassade, in den Heizkörpernischen, an Fenstern, Fensterbänken oder Rollladenkästen, an Haustüren, Wintergärten oder im Dachbereich kommen erst auf dem LC-Display einer Thermografie-Kamera so richtig zur Geltung. Sieht der Kunde auf dem Kameradisplay oder dem angeschlossenen Notebook-Monitor rot, bedarf es in der Regel keiner weiteren Argumentation für entsprechende Wärmedämm-, Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen. Doch mit Infrarotkameras kommt man nicht nur Energieverschwendern auf die Spur. Man kann damit auch die Qualität der Planung und Ausführung von Bau-, Sanierungs- oder Dämmarbeiten dokumentieren bzw. sichern. Macht man beispielsweise vor und nach der Maßnahme eine thermografische Aufnahme, werden schnell die Unterschiede, respektive Mängel in der Ausführung deutlich. Neben thermischen Schwachstellen kommen Kamera-Anwender auch zahlreichen anderen Bauwerksproblemen und -schäden auf die Spur, die man auf andere Weise nicht oder nur mit viel höherem Aufwand hätte erkennen können. Doch Thermografie-Kameras – auch Wärmebild- oder Infrarot-Kameras genannt – suchen und finden nicht nur Energieverschwender …

Thermografie-Kameras sind Allround-Talente

Die Industrie setzt Infrarot-Kameras beispielsweise zur Kontrolle elektrischer oder mechanischer Anlagen oder Geräte ein. Die Feuerwehr spürt damit potenzielle Brandverursacher, Glutnester oder vermisste Personen auf, das Militär und die Polizei nutzen sie zur Aufklärung. Human- und Tiermediziner erkennen Krankheitsbilder schneller, Archäologen machen in der Erde verborgene Kulturschätze ausfindig, Wissenschaftler analysieren Oberflächentemperaturen von Landmassen oder Ozeanen. Gleich ein ganzes Spektrum an Einsatzmöglichkeiten bietet der Baubereich: So werden Infrarotkameras zur Prüfung der Gebäude-Wärmedämmung im Zusammenhang mit der Energieeinspar-Verordnung eingesetzt. Dabei werden Wärmebrücken aufgespürt, die gleichzeitig meist auch Schallbrücken und Kondensationsnester für Feuchtigkeit sind, was wiederum die Ursache für Schimmelpilzbefall sein kann. Wie schon erwähnt, ist die Thermografie auch für die Bauüberwachung und Qualitätssicherung einsetzbar: Ob der Zimmerer/Dachdecker, der Maler oder Fenster-/Fassadenbauer saubere Arbeit geleistet haben, lässt sich ganz einfach mit einer Thermografie-Aufnahme prüfen. Im Zusammenhang mit der Blower-Door-Messung können Fugen und Luftundichtigkeiten, vor allem der Dachkonstruk­tion bei ausgebauten Dachgeschossen, von Fassaden-, Fenster- oder Türkonstruktionen sichtbar gemacht werden. Auch die Leckageortung von Sperrschichten, Fassaden, Flachdächern oder von Leitungsinstallationen und eine genaue Ortung sowie Eingrenzung notwendiger Sanierungsmaßnahmen sind mit der Thermografie-Kamera möglich. Liegen Putzschäden vor, kann das an aufsteigender Feuchtigkeit oder an hinter dem Putz verborgenen unterschiedlichen Untergründen liegen. Dem „Röntgenblick“ einer Thermografie-Kamera entgeht (fast) nichts!

Wie funktionieren Thermografie-Kameras?

Jeder Körper mit einer Temperatur oberhalb des absoluten Nullpunktes (–273,15°C oder 0 K) sendet Wärme- oder Infrarotstrahlung aus. Je wärmer ein Gegenstand ist, desto mehr Strahlung geht von ihm aus. Ähnlich einer herkömmlichen Kamera setzt eine Thermografie-Kamera diese Infrarotstrahlung in Bilder um. Die emittierte Infrarotstrahlung wird dabei von einer für diese Strahlungsart durchlässigen Optik aus Germanium auf den sogenannten Detektor fokussiert. Die dort eingegangenen Informationen übersetzt eine Sensorelektronik in ein Bild, das schließlich auf einem LCD-Monitor abgebildet wird. Die Abbildung enthält neben grafischen auch radiometrische Informationen (d.h. auf der Messung elektromagnetischer Strahlung beruhende Daten), sodass für jeden Punkt exakte Temperaturwerte abgefragt und mithilfe spezieller Software weitere Informationen ausgewertet werden können (Taupunkt, Emissionsgrad etc.). Die unterschiedlichen Farben in den Abbildungen, Thermogramme genannt, stellen die Oberflächentemperaturverteilung entsprechend einer meist im Bild enthaltenen Temperaturskala dar. Bereiche mit höheren Temperaturen sind beispielsweise als gelbe, rote oder weiße Flächen dargestellt. Kältere Bereiche sind grün, blau oder schwarz.

Thermografie ist keine Digitalfotografie

Die Thermografie ist vielmehr eine komplexe Messtechnik für Fachleute wie Bauphysiker, Energieberater, Architekten, Ingenieure und Handwerker. Der professionelle Einsatz von Thermografie-Kameras erfordert entsprechendes Know-how, das spezielle Schulungen voraussetzt. Schließlich wollen Kunden nicht nur „bunte Bildchen“ sehen, sondern erwarten auch deren Erläuterung und eine kompetente Beratung. Thermogramme müssen korrekt beurteilt, interpretiert und allgemeinverständlich erläutert werden, damit sie Bauherren oder Hauseigentümern auch nützen. Dazu müssen Parameter wie Temperaturunterschiede, Sonneneinstrahlung, materialspezifisches Emissionsvermögen, Windgeschwindigkeit oder thermische Spiegelungen an glatten Fassadenoberflächen etc. berücksichtigt und richtig eingeschätzt werden. Zugleich sind Kenntnisse aus den Bereichen Optik, Wärmestrahlung, Wärmeleitung, Materialkunde etc. erforderlich. Das geht nicht fehlerfrei ohne Erfahrung. Denn was auf den ersten Blick wie eine Wärmebrücke aussieht, muss keine sein. Auch die Umgebungsbedingungen müssen stimmen: So hat die Bauthermografie nur in den kälteren Monaten Oktober bis April „Saison“, da die Temperaturdifferenzen zwischen Innen und Außen mindestens 10 Grad betragen sollten. Ferner ist darauf zu achten, dass das Gebäude zum Zeitpunkt der Aufnahme und einige Stunden zuvor keiner direkten Sonneneinstrahlung ausgesetzt ist bzw. war. Damit sich Wärmebrücken deutlicher absetzen, sollten die Räume zuvor aufgeheizt werden.

Produktvergleich: darauf sollte man achten…

Trotz der weltweiten Marktführerschaft eines Herstellers (Flir Systems), ist die Anbieter- und Produktvielfalt mittlerweile groß. Deshalb wurden von insgesamt 18 aktuellen Modellen wichtige Merkmale tabellarisch miteinander verglichen. Da man mit dem Anbieter eine längerfristige Beziehung eingeht (Stichworte: Garantieleistungen, Zubehör, Ersatzteile, Software-/Firmaware-Updates etc.), sollte man sich auch ihn genauer anschauen: Seit wann ist er auf dem Markt? Wie viele Kunden setzen seine Kameras in der Bauthermografie ein? Bietet er ausschließlich Thermografie-Systeme oder z.B. auch Messgeräte an etc.? Die Kategorie gibt an, ob es sich um ein Modell für Einsteiger, Fortgeschrittene oder Profis handelt. Zu den wichtigsten Parametern zählen die Bilddaten. Die Bildauflösung gibt an, in wie viele Pixel in X- und Y-Richtung der Detektor die von der Optik erfassten Daten auflösen kann. Dieser Wert sollte dem entsprechen, was radiometrisch erfasst wird und sollte nicht mit der physikalischen Auflösung des Kamera-Displays verwechselt werden. Das Sehfeld gibt in vertikaler und horizontaler Richtung den Erfassungsbereich der eingebauten Optik an. Der Spektralbereich definiert die von Infrarotkameras erfasste Strahlung, die im Wellenlängenbereich von etwa 7–14 µm liegen sollte. Ebenso essentiell wie die Bilddaten ist der bei der Messung erfasste Temperaturbereich, der bei Bauthermografie-Kameras meist zwischen –20° und +100° Celsius beträgt. Ein zweiter, wichtiger Wert für die Qualitätseinordnung einer Kamera ist deren Temperaturempfindlichkeit, der sogenannte NETD-Wert. Er gibt die kleinste Temperaturdifferenz an, die vom Detektor noch erfasst werden kann. Je kleiner dieser Wert ist, desto geringer ist die Gefahr des sogenannten „Bildrauschens“. Die Messgenauigkeit wird in Prozent bei 30°C angegeben; sie nimmt mit hohen oder niedrigen Temperaturen ab. Die Messfunktionen sagen etwas darüber aus, was radiometrisch ausgewertet wird: Isothermen, der Minimal- und Maximalwert gehören zu den Standards, eine Taupunktberechnung bieten nur wenige Kameras. Die in der Regel aus Germanium-Linsen bestehende Optik sollte möglichst wahlweise eine manuelle oder automatische Fokussierung ermöglichen. Optionale Objektive erweitern die Einsatzmöglichkeiten der Kamera. Vor allem Weitwinkelobjektive sind für die Aufnahme von Fassaden in beengten räumlichen Situationen sinnvoll. Im internen Speicher sollten möglichst viele Bilddaten abgelegt werden können, ein (zusätzlicher) Wechselspeicher ist insbesondere bei Profi-Systemen üblich. Zusatzfunktionen wie ein Laserpointer oder eine Digitalkamera vereinfachen die Lokalisierung von gemessenen Minimal-/Maximalwerten bzw. ermöglichen die Überlagerung bzw. den Vergleich von Tageslicht- und Infrarotfotos. Beim Gehäuse sollte auf kompakte Abmessungen, ein geringes Gewicht und „Baustellentauglichkeit“ geachtet werden. Mobile Thermografie-Kameras sind auf hochwertige Lithium-Ionen-Akkus angewiesen, die über keinen „Memory-Effekt“ verfügen, sich schnell aufladen lassen und länger durchhalten. Zum Standard-Zubehör gehört ein Netzteil, eine Ladestation, ein Netz- und USB-Kabel, eine Tasche oder ein Koffer sowie Auswertungs-Software. Der Preis ist der vom Anbieter angegebene Kaufpreis in Euro (inkl. MwSt.) für eine komplette Thermografie-Kamera, inklusive Standard-Zubehör. Zu den Preis bestimmenden Faktoren zählen vor allem die Qualität des Detektors (Messbereich, Temperatur-/Bildauflösung, Genauigkeit etc.), der Optik oder des Displays sowie weitere Faktoren wie Ersatzteilverfügbarkeit, Garantie- und Kulanzleistungen etc.

Welche Kamera ist für wen geeignet?

Die „Richtige“ findet man, wenn man vorher auflistet, was man alles damit tun will und was man von ihr erwartet. Der Dachdecker, Fassadenbauer oder Sanitärinstallateur stellt beispielsweise andere Anforderungen als beispielsweise ein Bauphysiker. Während für den Handwerksbereich in Einzelfällen auch relativ niedrige Bild- und Temperaturauflösungen (160 x 120 = 19200 Bildpunkte bzw. 0,1 Kelvin) und damit auch preiswerte Einsteigermodelle ausreichen können, müssen Gebäudeenergieberater, Gutachter oder Bauphysiker deutlich „schärfer“ sehen – mindestens vier Mal so scharf! Hier beginnen vernünftige radiometrische Auflösungen bei 320 x 240 = 76800 Bildpunkten, was dem vierfachen Wert entspricht. Die Temperaturempfindlichkeit sollte um die 0,05 Kelvin liegen. Damit kann man auch kleinste Temperaturunterschiede gut erkennen und bauphysikalischen Problemen schneller und gezielter auf den Grund gehen.

Alternativen zum Kauf

Während Thermografie-Kameras für Einsteiger bereits ab 4000 Euro zu haben sind, muss man für Profimodelle deutlich tiefer in die Tasche greifen. Zwischen 15000 und 40000 Euro und mehr muss man in leistungsfähigere Kamera-Modelle investieren. Wer eine teure Thermografie-Kamera kauft, sollte sie auch möglichst intensiv nutzen. Zieht man die Sommerzeit ab, bleibt meist nur eine kurze Nutzungsdauer von 4–5 Monaten, in denen man der Kamera eine Gelegenheit zur Amortisation geben kann. Auch für Gelegenheitsnutzer stellt sich deshalb die Frage nach Alternativen zum Neukauf. Neben der Miete, einem Mietkauf oder einer Leihstellung besteht die Möglichkeit, Dienstleister zu beauftragen oder Gebrauchtgeräte zu kaufen. Einige Hersteller haben diesen Markt erkannt und vermitteln auf ihren Internet-Seiten, z.B. unter der Rubrik „Gebrauchtgeräte“, Anbieter und Interessenten. Meist wird nach einer Neukalibrierung sogar die gleiche Garantie wie für ein Neugerät gewährt. Die Preise für wenige Jahre alte Gebrauchtgeräte liegen zwischen 20 und 50 % unter dem Neupreis. Die Preise für eine Leihstellung sind abhängig vom Kameramodell. In der Regel bewegen sie sich zwischen 150 und 500 Euro pro Tag. Nicht vergessen sollte man die Notwendigkeit einer Schulung, die auch Zeit und Geld kostet (Basisschulung 2 bis 5 Tage: 500 bis 1500 Euro, Zertifizierungskurse 5 Tage: 2000 EUR). Dieser Schulungsaufwand entfällt, wenn man sich für eine Thermografie-Dienstleistung entscheidet. Hier sind allerdings keine Kostenangaben möglich, da der Leistungsumfang und damit auch das Honorar unmittelbar vom individuellen Objekt und der Aufgabenstellung abhängen. Deshalb sollte man sich in jedem Fall von einem nach DIN 54162 bzw. DIN EN 473-zertifizierten Dienstleister ein Angebot unterbreiten lassen. Darin enthalten sein sollten die Anfahrt, Spesen, die Arbeitszeit und Gerätetechnik, alle Materialkosten sowie die Auswertung und Dokumentation der Thermogramme.

INFO

Was ist…?

Infrarotstrahlung: … bezeichnet jene vom menschlichen Auge nicht wahrnehmbare Wärmestrahlung, die jedes Objekt abgibt. Physikalisch gesehen ist sie eine elektromagnetische Strahlung mit einer Wellenlänge oberhalb des sichtbaren Lichtes.

Thermografie: … ist die Visualisierung und Messung der von einem Objekt ausgesandten Infrarot-Strahlung mithilfe einer Kamera und entsprechender Software.

Thermografie-Kameras: … erzeugen Bilder der unsichtbaren Infrarotstrahlung und ermöglichen präzise, berührungslose Temperaturmessungen an Bau­werken, Anlagen, Maschinen etc.

Weitere Infos im Web (Auswahl):

http://video.google.de Videos (Suchwort: „Thermografie“)

http://www.bauthermografie-luftdichtheit.de Anbieter mit vielen Infos und Beispielen

http://www.der-thermograph.de Magazin zum Thema Thermografie

http://www.thermografie.co.at Ö. Gesellschaft für Thermografie

http://www.thermografie.de Anbieter mit vielen Infos und Beispielen

http://www.thermografie-seminare.de Infrared Training Center (ITC)

https://www.thermotemp.de/ Infrarotkamera-Verleih und -Service

http://www.vath.de Bundesverband angewandte Thermografie

http://www.wikipedia.de Basisinfos (Suchwort: „Thermografie“)

AUTOR

Dipl.-Ing. Marian Behaneck war nach dem Architekturstudium und freier Mitarbeit bei mehreren Architekturbüros 14 Jahre in der Dokumentation, Marketing und PR der Bausoftware-Branche tätig. Er ist Fachautor zahlreicher Publikationen zu Hardware, Software und IT im Baubereich.