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Der Gesetzgeber muss vorher definieren, was er will.

Für den Energieausweis (Energiepass) gilt: man muss vorher definieren, was man will. Er kann nicht gleichzeitig einfach und rechtssicher, mit aussagekräftigen Details und Modernisierungsvorschlägen versehen sein und zuletzt auch noch treffsicher die Realität abbilden.

  • Der allein aus der Heizkostenerfassung abgeleitete Verbrauchspass schwächelt in der Rubrik der aussagekräftigen Details, ist aber unschlagbar einfach, rechtssicher und bildet die Realität – zumindest für den vorhandenen Nutzer – ab.
  • Ein Energiepass aufwendig wie ein Energieberatungsbericht kann nicht einfach und schon gar nicht rechtssicher sein, liefert aber unschätzbare Details und kann – wenn er gut gemacht ist – ebenfalls die Realität gut abbilden.

Der jetzige dena-Pass liegt leider in der Mitte. Er hat zu viele Eingabemöglichkeiten, um damit Rechtssicherheit zu ermöglichen, aber schon zu wenig, um die Realität treffsicher abzubilden. Es besteht also für den Gesetzgeber Handlungsbedarf, sich in eine Richtung zu entscheiden.

Ein öffentlich-rechtlich verordneter Energieausweis (Energiepass) muss eindeutig sein und bei Ausstellung durch verschiedene Fachleute immer das gleiche Ergebnis liefern! Dies ist durch die Verfahren des dena-Energiepasses in keiner Weise gewährleistet. Die Ergebnisse und Schlussfolgerungen des Praxistests der Wohnungswirtschaft sind deshalb korrekt. Es bedarf auch keiner weiteren repräsentativen Untersuchungen, so wie es Herr Kohler (dena) fordert. Eigene Erfahrungen in Schulungen und Kursen der Energieberaterausbildung zeigen, dass auch erfahrene Aussteller von Energiebedarfsausweisen nach EnEV zu den unterschiedlichsten Ergebnissen kommen; allein wenn es um die Ermittlung von Bauteil-U-Werten im Bestand geht.

Problemlösung
Trotz berechtigter Vorwürfe gegenüber vereinfachten rechnerischen Verfahren scheint in einer standardisierten Form für einen einfachen Energiebedarfsausweis die einzig mögliche Lösung zu liegen, wenn der Gesetzgeber einen Bedarfsausweis fordert. Sehr gute Ansätze in dieser Richtung finden sich in der Anfang 2005 vom IWU veröffentlichten Studie für das BBR: „Kurzverfahren Energieprofil“ (Az.: Z6-5.4.00-12/II 13 80 01 – 03-15). [Download der Studie] Die Eingabeparameter der IWU-Studie sind weiter zu reduzieren, um ein eindeutig öffentlich-rechtlich abgesichertes Verfahren überhaupt zu gewährleisten.

Reproduzierbarkeit
Nur durch ein absolutes Mindestmaß von eindeutigen Eingaben zu den folgenden Parametern lässt sich ein reproduzierbarer öffentlich-rechtlich abgesicherter Energiebedarfsausweis erstellen:

  • Geometrie und Standard (Baujahr) der Gebäudehülle in Anlehnung, aber weiterer Vereinfachung des IWU-Ansatzes: das Flächenschätzverfahren ist sehr geeignet, U-Werte sollten jedoch nicht frei einsetzbar sein
  • Art und Qualität der Anlagentechnik für Raumheizung, Warmwasserbereitung und  Lüftung, wiederum in Anlehnung und weiterer Vereinfachung der Ansätze der IWU-Studie: pauschale, in der Studie verwendete Erzeugeraufwandszahlen sind jedoch nicht geeignet; zu berücksichtigen sind lastabhängige und lastunabhängige Wärmeerzeugerverluste

Bereits in der Vergangenheit durchgeführte Modernisierungen der Gebäudehülle und/oder der Anlagentechnik von Bestandsgebäuden lassen sich nur schwer, wenn überhaupt bewerten. Hier wird vorgeschlagen, in Abhängigkeit von wenigen typischen Maßnahmen pauschale Abschläge auf den ursprünglichen Gebäudekennwert (alter Standard vor der Modernisierung) zuzulassen. Eine quantitative Bewertung nachträglich erneuerter Fenster oder ganz oder teilweise aufgebrachter Außenwanddämmungen, ohne die Anlagen- und Regelungstechnik entsprechend anzupassen, scheint sehr unsicher zu sein. Das gleiche gilt für einen alleinigen Kesselaustausch ohne sonstige Maßnahmen, wie Anpassung der Pumpe, der Reglereinstellung und einen sauber durchgeführten hydraulischen Abgleich. Beides ist jedoch heute gängige Praxis. Die alleinige Erneuerung der Fenster und der Gebäudehülle bringt dann nicht – wie theoretisch vorausberechnet – 60% sondern nur 25% Energieeinsparung und die alleinige Kesselerneuerung vermindert den Endenergieeinsatz nicht um 30 bis 40% sondern nur um 10 bis 15%!

In diesen Fällen sollte auf zurückliegend erhobene Verbrauchswerte (Verbrauchspass) und auf die Unsicherheiten einer reinen vereinfachten Bedarfsrechnung hingewiesen werden.

Energiepass und Energieberatung
Von Anfang an leidet die Diskussion zur Umsetzung der Europäischen Gebäuderichtlinie an der Fehlinterpretation der Zielsetzungen. Der Energieausweis soll nur der Information über den Standard des Gebäudes und seiner Anlagenqualität dienen. Sowohl die Angabe gemessener Verbrauchswerte – wenn verfügbar - als auch typischer Bedarfswerte vergleichbarer Gebäude und Anlagen (Typologiewerte) sind für einen öffentlich-rechtlich zu erstellenden Energieausweis die einfachste, beste und auch vollkommen ausreichende Lösung. Dabei werden die Bedarfswerte ermittelt aus vereinfachten Verfahren mit einem Minimum von gerade noch erforderlichen Eingabeparametern. Nur ein solches Vorgehen ist in einem öffentlich-rechtlichen Verfahren auch „rechtssicher“! Die IWU-Studie liefert hierzu sehr geeignete Ansätze, wobei die Eingabeparameter noch eindeutiger und reproduzierbarer gestaltet und weiter reduziert werden sollten.

Erst eine detaillierte Energieberatung, verbunden mit einer Energieanalyse aus dem Verbrauch und einem fachmännischem Bedarfs-/Verbrauchsabgleich schafft eine gesicherte Aussage über mögliche Einsparpotentiale von Modernisierungsmaßnahmen. Diese Aufgabe gehört jedoch in die Hände eines qualifizierten Energieberaters und kann nicht durch den öffentlich-rechtlichen Energieausweis erfüllt werden! Dieser soll nur Impulse auslösen! Mehr nicht!

Der Inhalt dieser Seite gibt eine Lesermeinung wieder und entspricht nicht zwangsläufig auch der Meinung der GEB-Redaktion.