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Kleiner als gedacht

Im Förderprogramm „Modellprojekte im Effizienzhaus Plus Standard“ des Bundesbauministeriums (BMUB) werden ausgewählte Bauherren unterstützt, die pilothaft Wohngebäude errichteten, die übers Jahr deutlich mehr Energie aus erneuerbaren Quellen vor Ort generieren als sie für ihren Betrieb benötigen. In einem wissenschaftlichen Begleitprogramm findet eine Querauswertung aller 37 Vorhaben (Abb. 1) durch das Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP) statt.

Die untersuchten Gebäude sind überwiegend kompakt ausgebildet und energetisch optimiert. Die Gebäudehüllen erreichen mindestens den KfW 55 Standard, im Mittel wird die Anforderung an den baulichen Wärmeschutz des EnEV Referenzgebäudes um etwa 40 % unterschritten.

In den 37 Demonstrationsvorhaben werden vorzugsweise elektrisch angetriebene Wärmepumpen (32 Anlagen) mit unterschiedlichen Wärmequellen als Wärmeerzeuger eingesetzt.

Die Heizleistungen der installierten Anlagen bewegen sich zwischen 1,5 bis 20 kW im Einfamilienhausbereich und 7 kW bis 120 kW im Mehrfamilienhausbereich. Bezogen auf die Gebäudenutzfläche AN nach EnEV sind das 6 W/m²AN bis 48 W/m²AN. Bestandteil dieser Auswertung sind 16 Anlagen aus Gebäuden, die eine zweijährige Messphase abgeschlossen haben. In der Übersicht der Systeme (Abb. 2) ist eine große Vielfalt unterschiedlicher Systemkonfigurationen erkennbar.

So wurde gemessen und ausgewertet

Die Effizienz der Wärmepumpenanlagen wurde in Form einer Jahresarbeitszahl bestimmt. Diese gibt das Verhältnis der bereitgestellten Wärmemenge zur aufgenommenen elektrischen Energie innerhalb eines Jahres wieder. Die Arbeitszahl im Betrieb kann nicht unmittelbar mit dem COP (coefficient of performance) verglichen werden, da dieser im Labor unter standardisierten Randbedingungen ausschließlich für das Wärmepumpenaggregat (ohne Anbindeverrohrung etc.) bestimmt wird und das reale Nutzerverhalten und die aktuellen Klimabedingungen während der Messperiode nicht berücksichtigt. In den Messvorhaben wurden die Stromverbräuche und Wärmemengen der Hauptkomponenten des jeweiligen Wärmepumpensystems erfasst. Da keine Planungs- und Auslegungsunterlagen vorlagen, konnte nur begrenzt auf Systeminformationen zurückgegriffen werden.

Zur Bestimmung der Arbeitszahl im Praxisbetrieb ist zwischen drei Bilanzräumen (Abb. 3) zu unterscheiden. Bei der weiteren vergleichenden Untersuchung werden die Bilanzräume 2 und 3 betrachtet. Aufgrund fehlender Messaufnehmer bzw. des nicht durchführbaren Installierens von Messgeräten im Bereich des Bilanzraums 2, konnte bei einigen Anlagen nur die Arbeitszahl für den Bilanzraum 3 bestimmt werden. Bei anderen Anlagen waren keine zusätzlichen Wärmemengenzähler hinter den Speichern installiert, sodass für diese nur der Bilanzraum 2 auswertbar war.

Ergebnisse zeigen unterschiedlichen Optimierungsbedarf

Unter den 16 untersuchten Gebäuden sind sechs Musterhäuser, vorrangig aus der Fertighausindustrie, und zwei Gebäude mit einer überwiegenden Nutzung als Ferienwohnung, die nur über einen geringen Trinkwarmwasserbedarf verfügen. Alle übrigen Gebäude sind durchgängig bewohnt von einem 1- bis 5- Personen Haushalt. Teilweise konnte wegen Messausfällen oder nicht vorhandenen Messeinrichtungen nur die Arbeitszahl für einen der drei möglichen Bilanzräume bestimmt werden.

Zur Einordnung der Ergebnisse wird das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz [1] (EEWärmeG) herangezogen. Dieses sieht zur Förderung von Wärmepumpen mit Warmwasserberreitung als Zielwert eine Jahresarbeitszahl für Luftwärmepumpen von 3,3 und für alle anderen Wärmepumpen von 3,8 vor.

Bilanzraum 2

Für 15 Anlagen konnte nach der zweijährigen Monitoringphase die mittlere praktische Jahresarbeitszahl für den Bilanzraum 2 (Wärmepumpe einschließlich Primärpumpen und Heizstab) bestimmt werden. Abb. 4 zeigt die erreichten Größen getrennt nach der Wärmequelle.

Die untersuchten Luft-Wärmepumpen zeigen eine relativ gleichmäßige Verteilung der Arbeitszahl im Bereich zwischen 1,9 und 3,3. Sie beträgt im Mittel 2,6 und erreicht damit die gemäß EEWärmeG anzustrebende JAZ von 3,3 nicht. Für zwei Geräte mit einer Arbeitszahl um 2,0 wurde aufgrund der Kompaktheit der Anlage und einer engen Rohrleitungsführung die Messtechnik (Volumenstrommessung, Temperaturfühler) nicht direkt am Gerät sondern in der Rohrleitung zwischen Wärmepumpe und Speicher positioniert. Dies führte zu einer geringfügig zu niedrigen Abschätzung der JAZ. Bei zwei Anlagen wurde auch während der Sommermonate ein Heizbetrieb festgestellt, der einen zusätzlichen Energieaufwand darstellt und die JAZ reduziert.

Mit 3,2 im Mittel fiel die praktische Jahresarbeitszahl der Erdreich-Wärmepumpen erwartungsgemäß größer aus als die der Luft-Wärmepumpen. Die mittleren praktischen Jahresarbeitszahlen schwanken zwischen 2,0 und 4,6. Nur zwei von acht Erdreich-Wärmepumpen erzielen eine Jahresarbeitszahl von 3,8 und höher. Eine dieser Anlagen hat bereits eine vierjährige Optimierungsphase durchlaufen und wurde dabei schon einmal ausgetauscht.

Der Vergleich mit den Ergebnissen aus den Feld-Untersuchungen des Fraunhofer ISE [2] zeigt, dass die im Förderprogramm Effizienzhaus Plus gemessenen mittleren praktischen Jahresarbeitszahlen geringfügig niedriger ausfallen, aber grundsätzlich eine vergleichbare Tendenz zeigen.

Die Höhe der JAZ hat verschiedene Begründungen. Die geringen JAZ von 2,0 bis 2,3 sind zum einen auf einen erhöhten Trinkwarmwasserverbrauch zurückzuführen. Außerdem liegt eine erhöhte Systemtemperatur vor, weil der höhere Heizwärmebedarf durch eine gegenüber den Vorherberechnungen 3 K höhere Raumtemperatur gedeckt wurde. Für die Erdreich-Wärmepumpe mit einer Arbeitszahl von 2,5, die in Kombination mit einem Eisspeicher und einem Schichtspeicher arbeitet, resultiert die geringe Arbeitszahl aus der fehlenden Optimierung von Regelstrategien. Die Laufzeit der Wärmepumpe war an einen festen Tagesgang gekoppelt, der keine Regelung bei einer Überladung des Schichtspeichers vorsah.

Die mittlere praktische Jahresarbeitszahl schwankt für die beiden Wasser-Wärmepumpen zwischen 2,7 und 4,4 und beträgt im Mittel 3,2. Die geringe Arbeitszahl der einen Wärmepumpe von 2,7 ist darauf zurückzuführen, dass gegenüber der Auslegung nach DIN V 18599 ein erhöhter Energieverbrauch zur Bereitung des Trinkwarmwassers einschließlich Legionellen Prophylaxe in einem Mehrfamilienhau vorliegt.

Für das zweite Messjahr sind ergänzend in Abb. 5 neben der JAZ die saisonalen Arbeitszahlen aufgeteilt für die Heizperiode (1. Oktober bis 31 März) und die übrige Jahreszeit dargestellt. Bis auf wenige Ausnahmen zeigen sich allgemein keine großen Unterschiede für die beiden jahreszeitlichen Abschnitte.

Die relativ hohe Arbeitszahl (3,5) der ersten Luft-Wärmepumpe außerhalb der Heizperiode resultiert aus einem ausgewogenen Verhältnis aus bereitgestellter thermischer Energie, beeinflusst durch die Temperaturdifferenz zwischen Quellen- und Senkentemperatur, und Antriebsenergie während der Übergangszeit. Die Arbeitszahl von 0,9 für die Erdreich-Wärmepumpe außerhalb der Heizperiode wurde verursacht durch einen erhöhten Energieverbrauch für die Steuerung und den ganzjährigen Betrieb des Heizstabes.

Bilanzraum 3

In Abb. 6 ist die praktische Jahresarbeitszahl für den Bilanzraum 3 dargestellt, der den gesamten Wärmepumpenkreislauf einschließlich der Heizungs- und Trinkwarmwasserspeicherung berücksichtigt. Erwartungsgemäß sinkt die Arbeitszahl gegenüber dem Bilanzraum 2, da die Verluste der Speicherung mit berücksichtigt werden. Für die Luft-Wärmepumpen liegt die mittlere praktische Jahresarbeitszahl bei 2,2, für die Erdreichwärmepumpen bei 2,5 und die Wasser-Wärmepumpen bei 1,5. Zusätzliche Energieverbräuche für Speicherladepumpen und mittlere monatliche Speicherverluste von 80 bis 300 kWh/Monat haben niedrigere Arbeitszahlen zufolge.

Auswertung zeigt: Hydraulik, Nutzung und Gebäudehülle entscheiden über Jahresarbeitszahl

Das EEWärmeG sieht für Wärmepumpen mit Trinkwarmwasserbereitung eine Jahresarbeitszahl von mindestens 3,3 und für alle übrigen Wärmepumpen von 3,8 vor. Die Messung zeigt, dass die meisten Anlagen dies im Praxisbetrieb nicht erreichen. Während und nach dem Monitoring wurden Verbesserungspotenziale erkannt. Teilweise wurden gesamte Wärmepumpenanlagen bereits im ersten Messjahr komplett durch eine neue Anlage ersetzt. Auch Betriebsparameter wie z. B. die Einstellung der Vorlauftemperaturen (Heizkurven) wurden nachjustiert.

Da nur begrenzt Messdaten vorlagen, konnte nicht für alle Anlagen analysiert werden, warum sie ineffizient liefen. Eine Reihe von Ursachen konnte jedoch herausgearbeitet werden:

  • Anlagenteile zur Beheizung waren oft ganzjährig in Betrieb und verursachten erhöhte Standby-Verluste.
  • Gegenüber der normgerechten Auslegung waren um bis zu 3K höhere Innenraumtemperaturen und ein erhöhter Trinkwarmwasserbedarf festzustellen. Daraus resultierten höhere Systemtemperaturen.
  • Fehlende Optimierungen in den Regelstrategien beeinflussten die JAZ negativ.
  • Für die Trinkwarmwasserbereitung wurden zur Vermeidung von Legionellenbildung im Mehrfamilienhausbereich erhöhte Systemtemperaturen gefordert, was zu einer geringen JAZ führte.
  • Wird der Wärmeschutz des Gebäudes besser, verschlechtert sich das Verhältnis des Energieaufwandes für Heizwärme zur Trinkwarmwassererzeugung. Dies wirkt sich auf die Jahresarbeitszahl aus. In Gebäuden mit KfW-40-Standard sind daher tendenziell schlechtere JAZ vorzufinden als in KfW-55-Gebäuden.
  • Der hydraulische Abgleich wurde nicht durchgängig dokumentiert. Unzureichend einregulierte Netzhydraulik kann zu höheren Systemtemperaturen führen.
  • Eine detaillierte Ausführungsplanung war nicht durchgängig vorhanden. Bei Grobplanungen können Überdimensionierungen auftreten, die das dynamische Verhalten der Wärmepumpenanlage negativ beeinflussen können.

Die Untersuchung bestätigt frühere Erfahrungen, dass die Hydraulik des Gesamtsystems (Wärmepumpe, Speicher, Verteilung), die Nutzungsrandbedingungen und das energetische Niveau des Gebäudes für die Anlagenperformance entscheidend sind.

Empfehlungen: mehr und häufiger Weiterbildung und Monitoring für mehr Qualität in Planung und Ausführung

In Zukunft sollte mehr Wert auf eine umfassende Schulung von Planern und Ausführenden gelegt werden, um eine fundierte Planung und Ausführung der Wärmepumpenanlagen sicherzustellen, die Abhängigkeiten zwischen den Komponenten des hydraulischen Gesamtsystems, dem Nutzereinfluss und dem energetischen Niveau des Gebäudes detailliert berücksichtigt und optimiert.

Die Weiterbildung sollte kontinuierlich sein, weil sich der Markt schnell verändert und neue und innovative Technologien bietet. Hier kann von den europäischen Nachbarn (Österreich und Frankreich) durchaus noch dazugelernt werden [3]. Zur Überprüfung der eingebauten Anlagen sowie zur Effizienzsteigerung im Betrieb hat sich das Monitoring als sinnvolles und notwendiges Instrument erwiesen. Dabei sollte das Monitoringkonzept frühzeitig in den Planungsprozess eingebunden und Messdaten in den ersten Betriebsjahren kontinuierlich zur Optimierung herangezogen werden. Die in Kürze erscheinende VDI 4645 [4] könnte als Qualitätsbaustein die Planung und Ausführung von Wärmepumpen verbessern helfen. Eine Performancegarantie für das Gesamtsystem seitens der Hersteller wurde bisher abgelehnt, ist jedoch aus Sicht der Autoren als Verbraucherschutz erstrebenswert. Hierzu könnten am Gerät relevante Größen einfach zugänglich gemacht werden, damit Monteure und Betreiber die Arbeitszahl im Betrieb bestimmen und überprüfen können.

Die Planung von einfachen robusten Systemen in Verbindung mit einer kontinuierlichen Schulung von Planern und Ausführenden und einer verständlichen Information der Nutzer kann dann zu einer nachhaltigen Effizienzsteigerung von Wärmpumpenanlagen beitragen.

Die Untersuchungen wurden im Zuge des Forschungs- und Entwicklungsauftrags „Begleitforschung und Querauswertung von Effizienzhaus Plus Modellvorhaben“ (FKZ: 10.08-17-7-15.44) der Forschungsinitiative Zukunft Bau durchgeführt. Die Autoren bedanken sich beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) und dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) für die Unterstützung.

Literatur

[1] Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) vom 7. August 2008 (BGBL. I S. 1658), zuletzt geändert durch Art. 9 G v. 20.10.2015 I 1722.

[2] Fraunhofer ISE: BMWI-Forschungsprojekt (0327401A), Wärmepumpen Effizienz. Abschlussbericht. Messtechnische Untersuchung von Wärmepumpenanlagen zur Analyse und Bewertung der Effizienz im realen Betrieb, 2011, Freiburg

[3] Erhorn, Hans et alli: Sourcebook on guidelines for better enforcement of quality of the works. Download von www.qualicheck-platform.eu

[4] VDI 4645 Entwurf 08-2016, Planung und Dimensionierung von Heizungsanlagen mit Wärmepumpen in Ein- und Mehrfamilienhäusern, Düsseldorf, VDI Verlag

Ergebnisse aus dem Förderprogramm “Modellprojekte im Effizienzhaus Plus Standard“

Die aktuellen Messdaten aus den Gebäuden werden zusammen mit Informationen zu Gebäude und Anlagenkenndaten zentral über das Internetportal „Effizienzhaus Plus“ der Forschungsinitiative Zukunft Bau der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt.

www.forschungsinitiative.de/effizienzhaus-plus

Dipl.-Ing. Antje Bergmann

Studium des Bauingenieurwesens an der TU Braunschweig (1988 –1994). Sie begleitete viele Bauprojekte als Bauphysikerin, Schwerpunkt energiesparende und nachhaltige Gebäudekonzepte. Seit 2012 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fraunhofer-Institut für Bauphysik, Abteilung Energieeffizienz und Raumklima , in Stuttgart.

Dipl.-Ing. Hans Erhorn

Studium der Versorgungstechnik an der TFH Berlin und der Umwelttechnik an der TU Berlin, seit 1984 Leiter der Abteilung Energieeffizienz und Raumklima im Fraunhofer-Institut für Bauphysik, Stuttgart und Holzkirchen.