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Leserbriefe

Kommentare zum Wärmepumpen-Manifest

© fairywong / DigitalVision Vectors / gettyimages
Im GEB-Newsletter 06-2019 hatten wir den Artikel Manifest gegen sorglosen Einsatz von Wärmepumpen veröffentlicht. In dem Manifest warnen Dr. Falk Auer, Werner-Eicke-Hennig, Dr. Werner Neumann und Gabriele Purper vor einem “sorglosen Einsatz von Elektrowärmepumpen im Wärmemarkt“. Ohne eine Änderung dieser Praxis werde der Wärmewende sonst ein Bärendienst erwiesen, weil das Pendel der Unzufriedenheit irgendwann zurückschlage.

Zu dem Wärmepumpen-Manifest haben wir zahlreiche Leserbriefe erhalten, die wir hier auszugsweise wiedergeben:

  • Prima, dass die Autoren sich trauen, gegen die Mainstreammeinung Stellung zu beziehen. Neu sind die aufgeführten Argumente nicht. Seit 15 Jahren kritisiere ich die Art, wie Wärmepumpen vorangetrieben werden und baue das auch in meinen Vorträgen mit ein. Ständig überprüfe ich meine Position kritisch. Doch bisher wurde ich nicht vom Gegenteil überzeugt. Außer bei Technikfans laufen die WP eher schlecht und es gibt bisher nach meinem Wissen keine Datenbasis, die in großer Anzahl die Effizienz von laufenden Projekten belegt. Eine Katastrophe sind die JAZ bei Mehrfamilienhäusern. Das wundert auch nicht, wenn man sich anschaut, dass die Zirkulationsverluste in der EnEV völlig falsch angesetzt sind. So fallen im realen Betrieb schnell 18 bis 19 kWh/(m2 ∙ a) an. Diese liegen aber auf einem Temperaturniveau von 60 bis 65 °C mit den entsprechenden Auswirkungen. In der VDI 4650 wird in allen Beispielen ein Warmwasseranteil von 18 % angesetzt. Das letzte Mal, dass wir an einem Haus mit einem Heizwärmeanteil von 82 % beteiligt waren, ist aber bestimmt 15 Jahre her, usw.
    Ich kann jeden Punkt der Autoren unterstreichen und möchte hervorheben, dass wir bei der Residuallasten von mindestens 4 GW sprechen. Also mindestens vier Großkraftwerk, die 90 % des Jahres nur rumstehen.
    Allein der bisher nicht begründete Primärenergiefaktor von 1,8 zeigt, dass der gesamte Wärmepumpenausbau auf eine Wette zu dem zukünftigen Strommix bzw. auf einer sehr erfolgreichen Lobbyarbeit beruht.
     
  • Mit Blick auf die Herausforderungen der Zukunft sollten der Power-to-Gas-Sektor, dezentrale BHKW und im Gebäudebereich die Spitzenlastabdeckung aus gespeicherter Energie – auch aus volatilen Quellen – stärker gefördert werden.
     
  • Im Rahmen der Beurteilung der Wärmewende gibt es viele verschiedene Sichtweisen – zum Beispiel die rein wirtschaftliche Sichtweise gegenüber der rein technisch-physikalischen Sichtweise. Unter Berücksichtigung dieses Spektrums ist es bedenklich, einfach eine Jahresarbeitszahl von 4 als Maßstab [Anmerkung der Redaktion: Im Manifest heißt es: „Von einem ‚energieeffizienten‘ Wärmepumpensystem kann man aber erst sprechen, wenn die JAZ mindestens 4 beträgt und dies auch im Dauerbetrieb aufrechterhalten werden kann.“] zu setzen.
    Im Übrigen ist die Darstellung der Begriffe Jahresarbeitszahl (JAZ) einerseits und Coefficient of Performance (COP) andererseits als voneinander „unabhängige“ Größen nicht zutreffend. Die JAZ ergibt sich im laufenden Betrieb als Integral des COP gemessen über der Laufzeit eines Jahres.
    Die Verfasser des Wärmepumpen-Manifests fokussieren sich sehr ausdrücklich in Richtung technisch-physikalischer Bewertung. Auch das ist selbstverständlich eine mögliche Bewertung, die dann aber konsequenterweise in einer rein exergetischen Bewertung der energetischen Prozesse stattfinden sollte – dann aber für den gesamten Bereich der Wärmenutzung.
     
  • Seit 10 Jahren bin ich mit Wärmepumpentechnik beim Endkunden unterwegs und bin auch selbst privat überzeugter Erdwärme-Anwender. Nach Auswertung vieler eigener, überraschender Messwerte an Kundenmaschinen stellt sich jedoch Ernüchterung ein. Vor allem mit Einzug der steuerbaren Inverter-Technik sind Wärmepumpen kaum noch vernünftig hinsichtlich ihrer Effizienz einschätzbar, insbesondere, weil häufig keine klaren Angaben vorliegen, in welchem Kompressor-Lastbereich die angegebenen Messwerte aufgenommen wurden. Ganz besonders gilt das für Luft/Wasser-Wärmepumpen.
    Das vorläufige Highlight des Jahres 2019 ist eine technische Beschreibung eines aktuellen Modells eines namhaften Herstellers. Das Modell wird vom Hersteller als 12-kW-Heizgerät vermarktet. Schaut man sich das zugehörige Diagramm am, so wird aber klar erkennbar, dass bei –12 °C nur 6 kW Heizleistung vom Kältekreislauf bereitgestellt werden. Der unbedarfte Kunde glaubt natürlich, eine 12-kW-Maschine zu kaufen – doch auf den E-Heizstab kommt viel Arbeit zu. Leider gibt es noch viele weitere solcher Beispiele.
    Im Prinzip erinnert das Ganze an den Abgasskandal: Alle Verantwortlichen wissen es, ab viele wollen davon nichts wissen, weil alles so schön komfortabel ist und mit billigen Wärmepumpen gutes Geld zu verdienen ist. Doch der Endkunde investiert in so einem Umfeld lieber in eine überdimensionierte PV-Anlage, die eine in barer Münze sichtbare Rendite bringt. Im Gegensatz dazu ist eine teure Erdwärmesonde für viele nur ein Geld verschlingendes Loch im Garten, dessen Wirkungsweise nicht verstanden wird und das auch keinen unmittelbar sichtbaren Ertrag abwirft.
    Und was tun Politik und normative Gremien? Sie kultivieren ein Umfeld, welches die Verwirrung nur noch vergrößert. So hatte ich vor einigen Tagen ein sicherlich normkonformes Wärmepumpen-Datenblatt eines an sich seriösen Herstellers in der Hand. Aber das mit vielen Zahlen ausgestattete Datenblatt konnte ich nicht mehr zweifelsfrei nachvollziehen, weil die Messbedingungen, die zu den Zahlenangaben führten, unklar blieben. Was soll der unbedarfte Endkunde mit solchen Zahlenfriedhöfen anfangen, wenn man schon mit einem TU-IT-Diplom und der Erfahrung eines Elektrofachbetriebs die Daten nicht einordnen kann?
    Auch wenn ich Vorschriften hasse: Vielleicht wäre es gar nicht verkehrt, eine zumindest bei Auslieferung hinreichend „geeichte“ COP-Anzeige an den Wärmepumpen-Displays zu fordern. Angesichts der am Markt akzeptieren jährlichen Wartungskosten wären die Mehrkosten für eine solche COP-Anzeige sicherlich vertretbar. Bei einigen Wärmepumpen mit elektronischem Flowsensor wäre lediglich noch ein einfacher, digitaler Stromzähler notwendig (den man ja ohnehin haben sollte), sowie ein paar Zeilen Code für die WP-Steuerung, damit diese aus den Daten des Flowsensors und den Stromzählerimpulsen den jeweils aktuellen COP berechnen kann. Das könnte man also ganz, ganz einfach machen – aber ganz offensichtlich will man das nicht.
    Ja, ich stimme dem Tenor des Wärmepumpen-Manifests zu: Das Thema könnte uns allen einmal um die Ohren fliegen.
     
  • Ich teile die Bedenken des Wärmepumpen-Manifests zu 100 %. Es ist leider traurige Wahrheit, dass seit vielen Jahren die Energiewende als „Stromwende“ mit fatalen Folgen diskutiert wird. Es wird so getan, als ob man nur alles auf Strom umstellen müsste und dann klappt das auch mit dem Klima. Frei nach Ernst Jandl: „Werch ein Illtum!“ Das Versagen der Politik und die erfolgreiche Desinformation der Jünger der Klimawandel-Leugner führten dazu, dass die Energieeinsparung im Gebäudebereich im Schneckentempo vor sich geht. Wird in dieser Situation die Umstellung auf Stromheizungen wie in den letzten Jahren weiter vorangepeitscht, wird es eine deutliche Erhöhung des Strombedarfs in Deutschland geben. Da gleichzeitig auch noch das Akku-Auto propagiert wird und der Netzausbau nur schleppend vorangeht, wird dies zwangsläufig zu einer Erhöhung des nicht regenerativen Stromanteils führen. Denn bevor die Bude kalt bleibt, sagt der Nutzer: „Ob Kohle oder Atom, Hauptsache Strom!“
    Zudem wird in der Diskussion mit dem Ausbau regenerativer Energien viel zu wenig betrachtet, dass es die kalte Dunkel-Flaute nun leider doch gibt. Für diese Zeiten sind Kraftwerke vorzuhalten und ganzjährig zu bezahlen. Es mag mit viel Phantasie sein, dass in den sommerlichen Überschuss-Monaten genügend Power2X erzeugt wird, sodass zumindest auch dieser Strom theoretisch regenerativ ist ... das ändert aber nichts an den immensen Kosten.
    Hauptproblem ist aus meiner Sicht, dass man den Menschen zu erzählen versucht, dass wir einfach so weiter machen können wie bisher. Wir streichen den Strom etwas grün an und dann kann alles so bleiben wie es ist. Nein, so ist es nicht. Wir – die Nordhalbkugel – leben auf Kosten der gesamten Erde. Seit Jahrzehnten! Und wenn wir unseren Standard nicht massiv zurückschrauben, dann schraubt die Erde eines Tages unseren Standard brutal und unbarmherzig zurück. Das wollen wir uns gar nicht ausmalen. Ich glaube, dass Greta Thunberg ein Mensch ist, der sich diese Dinge vorstellt und nicht einfach verdrängt. Und deswegen empfindet sie Panik. Zu Recht!

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