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Beim Klimagipfel in Paris wurde vereinbart, die Klimaerwärmung auf 2 °C, möglichst sogar auf 1,5 °C zu begrenzen. Um ohne CCS-Maßnahmen (Carbon Dioxide Capture and Storage) das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, muss der energiebedingte Kohlendioxidausstoß gegen 2040 auf null reduziert werden. Zu diesem Ergebnis kommt Prof. Volker Quaschning von der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Berlin. Seine Studie Sektorkopplung durch die Energiewende vermittelt einen Eindruck davon, welche Anstrengungen erforderlich sind, um die vereinbarten Ziele einzuhalten.

Damit der Bedarf für Strom, Wärme und Verkehr bis 2040 komplett mit erneuerbaren Energien gedeckt werden kann, müssen diese viel schneller als bisher ausgebaut und der Energieverbrauch erheblich reduziert werden. Weil die Potenziale für Biomasse, Geothermie und Solarthermie in Deutschland begrenzt sind, kommen für die künftige Energieversorgung in erster Linie Strom aus Windkraft und Photovoltaik infrage. Dies wiederum setzt den Ausbau von Netzen und Speicherkapazitäten sowie die weitgehende Elektrifizierung des Wärme- und Verkehrssektors voraus. In der Folge würde der Stromverbrauch enorm ansteigen. Wenn umfassende Effizienzmaßnahmen umgesetzt werden, wäre bei gleich bleibenden Verhaltens- und Konsummustern mit gut 1300 TWh pro Jahr zu rechnen gegenüber einem Stromverbrauch von derzeit rund 600 TWh/a. Ohne die Effizienzmaßnahmen wäre ein Anstieg auf über 3000 TWh/a zu erwarten.

Um innerhalb der nächsten 25 Jahre einen möglichst großen Teil des Verkehrs zu elektrifizieren, müsste 2025 die Produktion von Fahrzeugen mit Diesel- und Benzinmotoren eingestellt werden. Wegen der längeren Lebensdauer von Wärmeerzeugern dürften schon ab 2020 keine neuen Gas- oder Öl-Heizungen eingebaut werden. Auch die Installation von KWK-Anlagen wäre nach der Studie ab dann ausgeschlossen, der überwiegende Anteil der Raumwärme würde durch Wärmepumpen gedeckt. Der Ausbau von Windkraft und Photovoltaik müsste wesentlich beschleunigt werden. Prof. Quaschning schreibt dazu: „Wird das mittlere Ausbautempo erneuerbarer Energien von den Jahren 2000 bis 2015 weiter fortgesetzt, dauert die deutsche Energiewende noch weit über 100 Jahre.“

Während umfassende Effizienzmaßnahmen für den vollständigen Umstieg auf erneuerbare Energien vorausgesetzt werden, bleiben Einsparungen durch verändertes Konsum- und Nutzerverhalten außen vor. Zwar wird in der Studie angesprochen, dass die Umgestaltung der Energieversorgung durch gesellschaftlichen Wandel und Verhaltensänderungen erleichtert werden könnte, weil aber der derzeitige Trend umfangreiche Einsparungen durch entsprechende Veränderungen im anvisierten Zeitraum von 25 Jahren als nicht sehr wahrscheinlich erscheinen lasse, wird der heutige Bedarf auch für das Jahr 2040 in der Studie unverändert zugrunde gelegt.

Die Studie betont zu Recht, dass schnelle und einschneidende Korrekturen der Energiepolitik dringend erforderlich sind, weil weder ein Verletzen der Klimaschutzverpflichtungen noch eine nachträgliche Korrektur durch CCS-Technologien gesellschaftlich tragbar sei. Wenn aber Korrekturen im hier vorgeschlagenen Umfang denkbar sind, muss es auch möglich sein, auf Verhaltensänderungen im Hinblick auf den Verbrauch hinzuwirken.

Lars-Arvid Brischke vom Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu) erklärt im Beitrag zum Forschungsprojekt Energiesuffizienz (s. S. 50), warum es sich lohnt, neben technischen Effizienzverbesserungen und dem Ausbau erneuerbarer Energien die Suffizienz als dritte Strategie bei der Entwicklung eines nachhaltigen Energiesystems zu analysieren. Maßnahmen zur Suffizienz als politische Praxis hat Manfred Linz vom Wuppertal Institut in Form eines Katalogs zusammengestellt. Es ist wichtig, das Für und Wider aller Möglichkeiten abzuwägen, um das gesamte Potenzial für die Energiewende zu nutzen.

Soll die Emission von Treibhausgasen möglichst schnell verringert werden, müssen vielfältige Optionen in Betracht gezogen werden – sowohl technische als auch politische. Ziel muss es sein, mit wirksamen Maßnahmen in der richtigen Reihenfolge und der richtigen Mischung die Energiewende voranzubringen. Je größer die Erfolge sind, desto leichter lassen sich notwendige Veränderungen begründen und Vorbehalte ausräumen.

Viel Freude beim Lesen wünscht Ihnen

Sabine Riethmüller