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WÄRMEGESETZ

Wärmegesetz mit Nutzungspflicht?

Mehrere Verbände der Erneuerbaren-Energien-Branche fordern, das im Koalitionsvertrag vereinbarte „regenerative Wärmenutzungsgesetz“ zügig umzusetzen. Dass es zu einem mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz vergleichbaren, umlagefinanzierten Wärmegesetz jemals kommt, wird jedoch immer unwahrscheinlicher.

Nur mit der Koalition würde es vermutlich gar kein Wärmegesetz geben. Auf unbestimmte Zeit vertagt, wird Bundesumweltminister Sigmar Gabriel zitiert. Zu wenig Geld sei vorhanden, zu unterschiedlich sind die Meinungen der Regierungsparteien: Groß sind auch die Bedenken, unmittelbar nach der Mehrwertsteuererhöhung weitere Belastungen verkünden zu müssen. So schiebt man lieber auf, anstatt zu einem Zeitpunkt zu handeln, bei dem der Umstieg noch preisgünstig ist. „Einklagbar“ ist das regenerative Wärmenutzungsgesetz ohnehin nicht, auch wird es im Koalitionsvertrag nicht „versprochen“, es ist lediglich eine Option:

Wir werden daher: […] die Marktpotenziale erneuerbarer Energien im Wärmebereich durch die Fortführung des Marktanreizprogramms im bisherigen Umfang sowie durch weitere Instrumente, wie zum Beispiel ein regeneratives Wärmenutzungsgesetz, besser erschließen […].

Und diese Grundvereinbarung sehen einige Politiker ohnehin schon als übererfüllt an: Das Marktanreizprogramm wäre doch sogar ausgeweitet worden, und die neuen KfW-Programme würden ja auch erneuerbare Energien fördern. Ob das der Bevölkerung reicht? Die fordert mit 87% in der gerade veröffentlichten Studie „Umweltbewusstsein 2006 in GEB-Letter 11-2006) zerstritten, aber ein Nutzungsmodell wird als Zwangsmaßnahme nahezu geschlossen abgelehnt. So stünden die Chancen nicht schlecht, lange Verzögerungen oder sogar ein Scheitern den Verbänden in die Schuhe zu schieben.

Auch aus anderen Gründen kritisieren Experten das Nutzungsmodell: Bauvorschriften werden von Bauherren wie Baubeteiligten in der Regel dogmatisch umgesetzt, die wirtschaftlichste Lösung bleibt dabei oft auf der Strecke und eine Verordnung kann dieses nicht regeln. Man denke nur an die Energieeinsparverordnung. Außerdem sei es tendenziell besser, Gebäude gänzlich oder zu einem erheblich höheren Anteil auf erneuerbare Energie umzustellen, anstatt einen Mindestwert für ihren Beitrag durchzudrücken. Bei derartig konzipierten Gebäuden ließe sich in der Zukunft auch nur mit höherem Gesamtaufwand die Nutzung erneuerbarer Energien erweitern. Bei Nahwärme gelten allerdings die aufgeführten Nachteile meistens nicht.

Vorstoß von Bündnis 90 / Die Grünen
Die Bundestagsfraktion Bündnis 90 / Die Grünen hat in der letzten Woche einen Antrag beschlossen, mit dem der Deutsche Bundestag die Bundesregierung zur Vorlage eines Erneuerbaren–Energien-Wärmegesetzes (EEW) auffordert. Sie soll laut Antrag bis März 2007 einen Entwurf eines ordnungsrechtlichen Wärmegesetzes (mit Verpflichtung zum Mindesteinsatz von Wärme aus regenerativen Quellen) vorlegen. Realisierungsmöglichkeiten nach dem Vorbild des Erneuerbare-Energien-Gesetzes werden von den Antragstellern nicht gesehen. Zwar wäre der Aufschlag auf fossile und atomare Wärmeenergien minimal, die Umverteilung auf die regenerative Wärmenutzung aber aufwendig, komplex, bürokratisch und schwer durchsetzbar. Folgendes sieht der Antrag vor:

  • Das EEW soll „den Anteil regenerativer Wärme und Kühlung von heute 5% bis 2020 auf mindestens 25% und bis 2030 auf mindestens 50%“ steigern.
  • „Das EEW soll unabhängig von knappen Staatsfinanzen sehr große Anreize setzen und zugleich den Unternehmen ermöglichen, in die Technologie- und Marktentwicklung zu investieren.“
  • „Außerdem ist darauf zu achten, dass die Bürger und der Markt und nicht die Bürokratie über die Technologieauswahl entscheiden. Vielmehr müssen allen Technologien die Entwicklungschancen eröffnet werden.“
  • „Bei der Bioenergie müssen ambitionierte Emissionsstandards eingehalten werden.“

Als Anreiz zum Bau von Erneuerbare-Energien-Wärmeanlagen sieht der Antrag vor: „Betreiber neu errichteter Wärmeerzeugungsanlagen und für Anlagenbetreiber, die bestehende Anlagen austauschen oder modernisieren, wird eine Verpflichtung zum anteiligen Mindesteinsatz von Wärme aus regenerativen Energiequellen eingeführt. Die Pflicht gilt auch für die Betreiber von Wärmenetzen. Wer dieser Verpflichtung nicht folgen will oder kann, zahlt eine Ersatzabgabe in Relation zur installierten Leistung der fossilen Wärmeerzeugungsanlage. Das Aufkommen aus dieser Abgabe wird zur Förderung von regenerativen Wärmeerzeugungsanlagen, Wärmespeicheranlagen, Energieeinsparprogrammen und Wärmenetzen verwendet.“

Für Neubauten und Altbauten soll die Verpflichtung abgestuft gelten. Aufgrund des sehr niedrigen Energiebedarfs von Neubauten könne der Anteil erneuerbarer Energien hier sogar 100% betragen. Das Wärmegesetz sollte eigenständig neben der Energieeinsparverordnung (EnEV) stehen. Allerdings könne auf eine Anteilspflicht gemäß EEW verzichtet werden, wenn „durch die EnEV vorgeschriebene Energieeinsparung oder die passiven solaren Energiegewinne höher sind als der vorgeschriebene Anteil Erneuerbarer Energien.“

Anmerkung: Die genannten Ziele sind gemessen an bisherigen Vorschlägen der Bundesregierung ambitioniert, technisch gesehen aber zu realisieren, da in den Zeitraum bis 2020 mehr als 50% und bis 2030 nahezu alle Wärmeerzeugungsanlagen zu erneuern sind. Außerdem sind in diesem Zeitraum auch deutliche Absenkungen des Energieverbrauchs aufgrund von Modernisierungen zu erwarten. Die Ziele mit dem angestrebten Nutzungsmodell zu erreichen, dürfte allerdings schwierig werden, zumal geplant ist, dass man sich aus der Pflicht freikaufen kann.

Interessant wird es auch sein, wie Wärmepumpenanlagen berücksichtigt werden. Primärenergetisch oder auf CO2-Basis mit dem heutigen Kraftwerksmix bewertet, schwinden die in der Werbung angeführten 75 bis 80% „Umweltenergie“ unter die erwünschten Quoten. Folglich müsste man eine Ersatzabgabe zahlen. Ebenso spannend wird die abzusehende Frage, ob und wie man eine Übererfüllung handeln kann. Und wie man eigentlich den EE-Anteil in einer bi- oder multivalenten Anlage festlegt: Wo wird beispielsweise die Nutzungsgradverschlechterung eines fossil befeuerten Wärmeerzeugers verrechnet? Wo Anlagenverluste? Wie soll die Hilfsenergie einfließen und bewertete werden? Einiges davon lässt sich mit den EnEV-Normen zumindest prinzipiell berechnen. Eine parallele EEW-Verordnung wäre deswegen aus Anwendersicht Unfug.

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