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Revitalisierte 68er-Generation

Am Bodensee lässt es sich nicht nur angenehm urlauben und erholen, sondern auch attraktiv studieren. Böse Zungen mögen nun raunen „jaaa … so nebenbei!“, doch ganz so einfach ist das auch im beschaulichen Friedrichshafen nicht. Es gibt dort eine staatliche und zwei private Hochschulen, und diszipliniert büffeln muss man an allen Dreien, um den Abschluss zu schaffen. Gemessen an den rund 58 000 Einwohnern fallen die 2500 Studenten in dem Städtchen weitaus weniger ins Auge als die zahlreichen Touristen, doch haben Studierende das gleiche Problem wie die Urlauber: eine bezahlbare und ansehnliche Unterkunft zu finden. Ein privater Bauherr nahm sich des Problems an und ließ vom Architekten Albrecht Weber aus Langenargen ein 1968 errichtetes Wohnhaus in ein KfW Effizienzhaus 55 überführen – im Zuge der Revitalisierung bekam der kernsanierte Massivbau ein neues Penthouse in Leichtbauweise aufgesetzt und der Primärenergiebedarf von vormals 400 auf 12 kWh/(m2a) reduziert. Die Nutzfläche stieg im Gegenzug von 360 auf 483 m2 an, was auf ein ambitioniertes energetisches Konzept hinweist.

Warmmiete zum Festpreis

Hierzu gehörte neben dem Absägen der wärmebrückengefährdeten Stahlbetonbalkone der Einbau neuer Fenster mit Dreifachverglasung (Ug = 0,5) und das Dämmen der Gebäudehülle mit PU-Dämmstoffen. Beheizt wird das für Praktikanten, Lehrkräfte und Studenten umgebaute Mehrfamilienhaus mit modifizierten Grundrissen von der Abwärme mehrerer Server eines dezentral operierenden Rechenzentrums (Cloud & Heat). Statt der einst sechs Mietparteien ist das Gebäude nun in fünf Appartements, zwei Wohnungen und zwei WGs aufgeteilt, in dem nun insgesamt 16 Personen eine begehrte Unterkunft auf Zeit finden.

Die alles tragende Idee des Bauherrn war die Minimierung der Kosten für Heizung und Strom und daraus folgend auch der Verzicht auf verwaltungsintensive Heiz- oder Stromkostenabrechnungen. Die komplett eingerichteten allergikergeeigneten Wohnungen werden zum Festpreis warm vermietet. Damit sich der Energieverbrauch für das gesamte Haus in Grenzen hält, verbaute der Bauherr neben leistungsfähiger PU-Dämmung auch sparsame LED-Lampen und installierte in jeder Wohnung sogenannte Totmannschaltungen. Verlässt ein Bewohner seine Wohnung für längere Zeit, werden fast alle Stromverbraucher (außer Kühlschränke und PC-Steckdosen) abgeschaltet. Ist niemand in der Wohnung, reduzieren die Lüftung mit Wärmerückgewinnung (WRG) und die Heizung ihre Leistung. Das sehr gut gedämmte Haus kühlt selbst bei längerer Abwesenheit des Bewohners nur minimal aus.

WDV-System aus Polyurethan

Die Fassade des Gebäudes ist mit PU-WDV-Systemen des Herstellers puren gedämmt. Die Systeme mit purenotherm-Dämmstoffen verfügen seit Ende 2014 über eine allgemeine Dämmstoffzulassung für WDV-Systeme. Mit dem schwer entflammbaren PU-WDVS auf Basis von purenotherm lassen sich mit vergleichsweise schlanken Dämmstoffen sehr günstige Lambda-Werte erreichen, und es braucht keine zusätzlichen Brandriegel, wie sie das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) für Dämmstoffe wie z. B. EPS fordert.

Der Keller ist mit 16 cm dicken, vliesbeschichteten puren PD-Perimeterdämmungen gedämmt. Daran schließt ein 16 cm dickes PU-WDV-System an. Den Witterungsschutz gewährleistet ein mineralisches System der Fa. Schwenk Putztechnik mit einer Putzdicke von etwa 1 cm. Dieses Dämmsystem ist lückenlos bis unter das ebenfalls mit puren-Dämmstoffen gedämmte Flachdach geführt, wo es mit speziellen Attikaelementen an das Dach angeschlossen ist.

Die aus dem Funktionswerkstoff purenit bestehenden Attika-Bauteile gelten mit einem Psi-Wert von 0,005 W/mK laut einer Prüfung des Passivhaus Instituts als wärmebrückenfrei und sind entsprechend zertifiziert. Zu guter Letzt erhielt das geneigte Dach des Penthouses noch eine puren Aufsparrendämmung und macht damit die hochwertige Dämmung der Gebäudehülle komplett.

Mit einem Lambda von 0,026 W/mK dämmt Polyurethan sehr gut (Öko-Test Bewertung für PU-Aufsparrendämmung: „gut“), was diesen Dämmstoff eben auch für schlanke Dämmdetails auszeichnet. Bei dem Haus in Friedrichshafen wurden dank der leistungsfähigen PU-Dämmstoffe an Wänden und Dächern U-Werte um 0,1 W/m²K erreicht.

Für das 2015 sanierte und revitalisierte Studentenwohnheim erhielt der Architekt Albrecht Weber aus Langenargen am Bodensee den EnEV im Bestand-AWARD 2015 in der Kategorie Mehrfamilienhäuser. Der Preis wurde vom Forum-Verlag Herkert, dem Bundesarbeitskreis Altbauerneuerung und dem Europäischen Verband der Energie- und Umweltschutzberater verliehen.

Puren, 88662 Überlingen

Tel. (07551) 80990, www.puren.com, www.purenotherm.de

Cloud & Heat: Heizen mit Serverabwärme

Der Markt für Cloud-Anwendungen wächst. Vermehrt verlagern Nutzer ihre Daten und rechenintensiven Anwendungen in eine Cloud. Die dazu erforderlichen Rechner produzieren aber nicht nur viel Wärme. Sie benötigen sichere Stellplätze und eine kostenintensive Kühlung. So entstand im Umfeld der Uni Dresden die Idee, die Abwärme von Servern zum Heizen und zur Brauchwassererwärmung zu nutzen. Die Cloud & Heat-Daten sind zurzeit auf rund 600 Servern bundesweit verteilt und unterliegen den deutschen Sicherheitsstandards als auch Datenschutzbestimmungen. Alle Rechner zusammen sind zu einem virtuellen Rechenzentrum zusammengeschaltet und werden nur mit grünem Umweltstrom betrieben (siehe: www.cloudandheat.com).

Ein anschlussfertiger Serverschrank, wie ihn die Dresdner Firma entwickelt und patentiert hat, produziert bis zu 17 965 kWh Wärmeenergie pro Jahr mit einer maximalen Vorlauftemperatur von bis zu 55 °C (maximale Heizleistung 3 kW). Der feuerfeste Sicherheitsschrank ist mit einer Alarmanlage gegen Einbruch geschützt und kostet bei Lieferung rund 12 000 Euro. Dafür erhält der Bauherr 15 Jahre lang garantiert rund um die Uhr die zugesagte Wärmeleistung – kostenlos, denn die anfallenden Internet-, Strom-, Wartungs- und Instandhaltungskosten des Servers übernimmt die Firma. Bedingung für dieses Geschäft zum beiderseitigen Nutzen ist ein Pufferspeicher mit einem Fassungsvermögen zwischen 500 und 2000 Litern, eine Internetanbindung mit mindestens 50 Mbit/s (synchron), ein Drehstromanschluss 400 V und 3 × 16 A (Herdanschlussdose) sowie ein separater Zählerplatz. Eine zentrale Lüftungsanlage mit kontrollierter Be- und Entlüftung über Wärmetauscher ist für das Konzept von Vorteil, aber keine Bedingung.

Der schwarze Schrank benötigt einen mindestens 2,40 m hohen Raum, ist bis zu 230 kg schwer und 545 × 935 × 1990 mm groß (t × b × h). Grundsätzlich ist diese Technik in sämtlichen Immobilien installierbar, von einem Niedrigenergiehaus über ein klassisches Einfamilien- oder Mehrparteienhaus bis hin zu Gewerbe- oder Industrieimmobilien, wie z. B. Hotels.

Aufgrund hoher Nachfrage erhalten jedoch zurzeit vorrangig Großprojekte ab sechs Serverschränken den Vorzug. Die Technik kann auch bereits vorhandene Heizungen ergänzen: Sie wird mithilfe genormter Verschraubungen an die bestehenden Systeme angekoppelt.

Im Sommer werden die Server abhängig von der Wettersituation an den jeweiligen Standorten unterschiedlich ausgelastet, sodass in kalten Regionen mehr Rechenleistung abgerufen wird.