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Vorgefertigtes Attika-Dämmelement für Flachdachränder

Casus knacksus simplex

Bei der energetischen Sanierung eines achtgeschossigen Wohn- und Geschäftshauses in Speyer (Abb. 1) ist es gelungen, allein durch das Dämmen der Gebäudehülle den Transmissionswärmeverlust auf 15 % des ursprünglichen Wertes zu reduzieren. Quasi zum Inventar des 1961 gebauten Gebäudes gehörte lange Zeit ein Ölkessel mit 230 kW Leistung, der nötig war, um die Ladengeschäfte im Erdgeschoss und die Wohnungen im Haupthaus und Anbau zu beheizen und das Trinkwarmwasser zur Verfügung zu stellen. Heute genügt aufgrund des deutlich gesenkten Endenergiebedarfs ein 34-kW-Blockheizkraftwerk, dem zur Abdeckung der Spitzenlast eine 50-kW-Gasbrennwerttherme zur Seite gestellt wurde. Ergänzt wurde die Investition in die Haustechnik durch die Installation einer zentralen Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung.

Aller Technik zum Trotz kommt der sorgfältig geplanten Wärmedämmung der Löwenanteil an der Energieeinsparung zugute: Nicht weniger als 30 Wärmebrückenberechnungen erstellte das beauftragte Architekturbüro Christian Hauss (heute HRA, Hauss Rohde Architekten), das im pfälzischen Haßloch und im badischen Karlsruhe seine Sitze hat. Um die Dämmstoffdicken im Rahmen zu halten und wegen geometrischer Zwänge bei der Detailausbildung empfahlen die Planer für die Fassade eine Dämmung aus Resolhartschaum oder Polyurethan-Hartschaum (PUR/PIR) für Fassade und Flachdach. Beide Dämmstoffe genügten außerdem den bestehenden Anforderungen an den Brandschutz mit einem homogenen Material. Letztendlich fiel die Entscheidung, nach Abwägung aller Vor- und Nachteile, zugunsten einer kompletten PUR/PIR-Dämmung.

Effiziente Flachdachdämmung in zwei Lagen

Bei der Analyse des Bestands zeigte sich, dass die insgesamt 700 m2 umfassenden Flachdächer des Hauptgebäudes, des viergeschossigen Anbaus und des rückwärtigen Lagergebäudes bereits mit einer 5 cm dicken Korkschicht gedämmt waren. Der Flickenteppich auf den Dächern zeigte, dass die Abdichtung schon mehrfach repariert worden war und längst nicht mehr zuverlässig ihre Funktion erfüllte.

So stellte niemand den Rückbau des maroden und unzeitgemäßen Flachdachaufbaus infrage, um dann auf der freigelegten Betondecke einen komplett neuen Aufbau zu starten: Den Anfang machte eine 4 mm dicke Bitumen-Schweißbahn mit integrierter Aluminium-Dampfsperre. Darauf folgte auf den Dächern der Wohngebäude eine zweilagige Wärmedämmung aus PUR/PIR. Die erste Lage bestand aus 18 cm dicken, aluminiumkaschierten Platten. Sie sind mit einem umlaufenden Stufenfalz versehen, durch ihre Geometrie verschnittarm beidseitig verwendbar und überzeugen durch einen besonders günstigen Lambda-Wert von nur 0,024 W/mK. Sie wurden mit einem PUR-Dachkleber auf der dampfdichten Dachabdichtung windsogsicher verklebt. Die zweite Lage bestand auf den Wohndächern aus einer im Mittel 15 cm dicken Gefälledämmung mit einem Lambda-Wert von 0,026 W/mK.

Zusammen mit der ersten aluminiumkaschierten Dämmlage erreicht das im Mittel 33 cm dicke Dämmpaket einen U-Wert von 0,076 W/m2K und unterbietet damit selbst die höchsten Anforderungen, die vermutlich irgendwann mal für Passivhäuser gelten werden. Die großen, druckfest gedämmten Flachdächer können zudem jederzeit mit Solarkollektoren oder PV-Modulen belastet werden, womit dieses Bauwerk das Potenzial zum Plusenergiehaus hat.

Wärmebrückenfreies Attikaelement

Am Rand der Wohn-Flachdächer erreicht die Dicke des zweilagigen Dämmpakets bis zu 380 mm. Hier trifft das Flachdach auf die 180 mm dicke Fassadendämmung. Um den Dachrand im Treffpunkt beider Dämmlagen stabil und möglichst wärmebrückenfrei zu gestalten, war für dieses Detail ursprünglich eine Hilfskonstruktion aus Holz vorgesehen. Eine Lösung, die in Anbetracht der hocheffizient gedämmten Gebäudehülle nicht so recht überzeugte, denn gänzlich verlustfrei ließ sich dieses Detail damit nicht gestalten. Bei der Suche nach Alternativen stießen die Planer auf das neue Purenit-Attikaelement (Abb. 2), das gemäß Isothermenberechnung dieses klassische Wärmebrückendetail weitaus optimaler zu lösen versprach (Abb. 3). Zudem erlaubt das Attikaelement an dieser geometrisch sensiblen Stelle eine solide Montage und durchdachte Anschlüsse der horizontalen und vertikalen Dämmlagen.

Das Attikaelement besteht aus einem senkrechten, 80 mm dicken Dämmblock mit einem pultförmigen 5°-Gefälleschnitt und einer darauf verschraubten, entsprechend geneigten Abdeckplatte. Für die Gebäudesanierung in Speyer empfahl der Hersteller puren infolge der vorhandenen betonierten Aufkantung die Standardvariante des Attikaelements. Hier ist der Dämmblock 343 mm hoch und die Abdeckplatte 280 mm breit. In der Variante XL für noch dickere Dämmstoffquerschnitte an Dach und Fassade ist der Dämmblock des Attikaelements hingegen 493 mm hoch und die Abdeckplatte 400 mm breit. Unabhängig von ihren Dimensionen werden die Elemente auf der obersten Betondecke mithilfe bauüblicher Laschen und Winkel verdübelt und verschraubt, was keine besonderen Montagekenntnisse erfordert. Das Element aus Purenit (Lambda = 0,086 W/mK) lässt sich dabei – ebenso wie Holz – mit üblichem Werkzeug unkompliziert und rationell sägen und schrauben.

Auf der diesjährigen Fachmesse BAU 2013 in München zeichnete der Bundesarbeitskreis Altbauerneuerung (BAKA) den Hersteller puren für die Entwicklung der wärmebrückenfreien Dachrandkonstruktion mit dem „Preis für Produktinnovation“ aus.

Gefälledämmung mit perfektem Anschluss

Die obere Dämmlage der Wohnhaus-Flachdächer besteht aus einer vorkonfektionierten und zwei Prozent geneigten PUR/PIR-Gefälledämmung, die als fertiger Bausatz mit einem Verlegeplan vom Hersteller zur Baustelle geliefert wurde. Die Standard-Gefälleplatten mit stumpfen Kanten sind 1000 x 500 mm, die dazu passenden Kehl- und Gratplatten 500 x 500 mm groß. Für einen perfekten Anschluss der Abdichtungsbahn ergänzen 1000 mm lange Attika-Keile das System.

Der hier verwendete unkaschierte Polyurethan-Hartschaum eignet sich sogar zur Verlegung in Heißbitumen, jedoch wurden bei dem Gebäude in Speyer Bitumenschweißbahnen mit einem Gasbrenner direkt auf die Dämmung geschweißt. Dies ist möglich, da PUR/PIR als duroplastischer Werkstoff kurzfristig bis 250 °C temperaturbelastbar ist und nicht schmilzt.

Die zweilagige Bitumenschweißbahn geht von der Flachdachfläche über die Dämmkeile ansatzlos auf das Attikaelement über und reicht bis zu dessen Hochpunkt. Zuvor aufgemessene und gefertigte sowie nach Verlegeplan montierte Bleche aus Aluminium decken die Attiken ab. Die Haften für die Attikaabdeckungen sind in die tragenden Attikaelemente geschraubt und die Abdeckungen darin eingehängt.

WDVS auf problematischem Untergrund

Wie bei so vielen Bauten aus der Zeit vor der ersten Ölkrise sah man sich auch bei diesem Objekt mit dem Problem auskragender Stahlbeton-Balkonplatten konfrontiert, deren Kühlrippenfunktion nur durch Abtrennen mit der Diamantsäge zu begegnen war.

Um den Bewohnern die wohlgeschätzten Freisitze zu erhalten, wurden stattdessen neue, rund 12 m2 große Balkone als filigrane Stahlkonstruktion vorgehängt, deren Halterungen das Wärmedämmverbundsystem (WDVS) nur punktuell durchdringen. Dafür wurden im ersten Schritt mit speziellen Injektionsankern Winkelhalterungen in Höhe der Stahlbetondecken an die Fassade geschraubt. An diese wiederum sind auf der Ebene des WDVS Isokörbe montiert und daran die außen sichtbaren Stahlhalterungen geschraubt. Über 16 mm dicke Zugstangen werden die Lasten des jeweils unteren Balkons in die Tragstruktur des darüberliegenden eingeleitet.

Als problematisch stellte sich des Weiteren der Untergrund für das aufzubringende WDVS mit dem Polyurethan-Dämmstoff purenotherm dar: Die Zugversuche an dem 24 cm dicken Mauerwerk aus der Kalksandsteinvariante Granulit, das längst nicht mehr produziert wird, führten zu einem durchweg negativen Ergebnis und stellten die Festigkeit der Steine infrage. Als ebenso kritisch stellte sich die Oberflächenbeschaffenheit der Fassade heraus: Verschiedene Putze, mal lose und mal fest, sowie stellenweise Latex-artige Farbanstriche zwangen zur besonderen Vorsicht. So wurde entschieden, die Farbanstriche, so weit es sinnvoll und machbar war, zu entfernen und den Altputz mit Mauerfräsen im Raster von etwa 40 x 40 cm für eine bessere Haftung zu schlitzen. Danach ging es an das Kleben und Dübeln des purenotherm-WDVS, wobei je nach erwarteter Belastung auf der Fläche zwischen drei und fünf Thermodübel pro Quadratmeter gesetzt wurden.

Vor der Montage des WDVS erfolgte noch der Austausch der Fenster, deren jetzige Dreifachverglasung einen U-Wert von 0,6 W/m2K aufweist. Auch die neuen Rollladenkästen sind nun vorbildlich gedämmt. Dank der 18 cm dicken PUR/PIR-Dämmung (Lambda 0,026 W/mK) verbesserte sich der U-Wert der insgesamt 3127 m2 umfassenden Außenwandfläche von vormals 1,21 W/m2K auf 0,13 W/m2K.

https://www.puren.com/de/

Info

Werkstoff Purenit

Die mechanisch belastbaren und bauaufsichtlich zugelassenen Purenit-Attikaelemente bestehen überwiegend aus Polyurethan-Hartschaum und werden in einer geschlossenen Prozesskette aus Produktionsreststoffen hergestellt. Purenit ist mit 550 kg/m³ dichter und stabiler als PUR/PIR mit einer Rohdichte von etwa 30 kg/m³, ähnelt in seinen Eigenschaften Holz und weist einen Lambda-Wert von 0,086 W/mK auf (Lambda Nadelholz ca. 0,13 W/mK). Das kochwasserfeste Material ist biologisch und bauökologisch unbedenklich, unverrottbar und schimmel- wie fäulnisfest. Wegen dieser besonderen Eigenschaften wird es unter anderem auch im Jachtbau verwendet.

Info

Bautafel

Projekt: Sanierung eines achtgeschossigen Wohn- und Geschäftshauses in Speyer

Bauherr: Gebrüder Dupré, Speyer

Bauunternehmen: C. Dupré Bau GmbH & Co. KG, Speyer, http://www.cdupre.de

Architekt und Energieberater: Christian Hauss, zertifizierter Passivhausplaner, Hauss Rhode Architekten, Haßloch, Karlsruhe, http://www.h-r-a.de

Dachdecker: HTS Baugesellschaft mbH, Gröbzig, https://www.hts-groebzig.de/

Dämmstoffe: Purenit Attikaelement, Flachdach-Dämmelemente FD-L WLS 024, Gefälledämmung NE-B2, WDVS-Dämmung Purenotherm