Springe zum Hauptinhalt Springe zum Hauptmenü Springe zur SiteSearch
BERLIN

“Energieeffizienzstrategie Gebäude“ verabschiedet

© RobertSchneider / iStock / Thinkstock
Am 18. November 2015 ist vom Bundeskabinett die „Energieeffizienzstrategie Gebäude“ (ESG) verabschiedet worden – über fünf Jahre nachdem das heutige Zielniveau festgelegt wurde: ein „nahezu klimaneutraler Gebäudebestand bis 2050“. Politische Messlatte dafür ist, dass der Primärenergieverbrauch bis 2050 gegenüber 2008 gesunken ist.

Hebel und Zielkorridor

Im Prinzip ist alles klar, ein nahezu klimaneutraler Gebäudebestand lässt sich durch eine Kombination aus Energieeinsparung und den Einsatz erneuerbarer Energien – also wirksam eingesetzte, hocheffiziente Technologien und eine möglichst weitgehende Dekarbonisierung der Wärmeversorgung von Gebäuden – erreichen. Energieeinsparung (Effizienzsteigerung) und erneuerbare Energien haben jeweils große Potenziale, unterliegen aber auch verschiedenen Restriktionen. Damit wird im ESG ein Zielkorridor für eine Senkung des Primärenergieverbrauchs um 80 % eingegrenzt.

Nimmt man die obere Potenzialgrenze der erneuerbaren Energien (EE), könnten sie einen Anteil von 69 % am Endenergieverbrauch decken, zusätzlich wäre eine Energieeinsparung von 36 % erforderlich. Die maximal erreichbare Energieeinsparung wird im ESG mit 54 % angegeben, dann müssten die Erneuerbaren 57 % vom Endenergieverbrauch decken (2014: ca. 12 %). Bei beiden Grenzfällen ergibt sich im Rahmen der Annahmen gegenüber dem Referenzszenario nur eine relativ geringe Erhöhung der Wohnkosten. Allerdings kann es sein, dass sich volkswirtschaftlich günstigere Lösungen ergeben, weil beispielsweise mit dieser Betrachtung die Nutzung von begrenzt verfügbarer Biomasse in anderen Sektoren günstiger wäre.

Unzureichende Rahmenbedingungen

Beim Referenzszenario („weitermachen-wie-bisher“-Szenario) auf Basis der Ende 2013 bestehenden energie- und klimaschutzpolitischen Instrumente und einer leichten Steigerung der mittleren Sanierungsrate auf 1,1 bis 1,2 % (Vollsanierungs-Äquivalente) und einer höheren Sanierungseffizienz existiert eine erhebliche Deckungslücke zur Zielerreichung. Der Primärenergieverbrauch wird durch eine Endenergieeinsparung um 30 % und einen EE-Anteil von 45 % nur um 60 % zurückgehen.

Nach dieser Erkenntnis folgt im ESG kein Vorschlag, wie die Deckungslücke gefüllt werden kann, sondern eine Aufzählung von bekannten staatlichen Maßnahmen, die zum größten Teil schon Bestandteil des Referenzszenarios sind. Lediglich werden einige neue Maßnahmen beschrieben, die den Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz (NAPE) konkretisieren, u.a.: Etablierung des gebäudeindividuellen Sanierungsfahrplans, Weiterentwicklung und Ausbau der Energieberatung, Investitionsförderung für ambitionierte Gebäudesanierungen und Neubauten sowie die Weiterentwicklung des Energieeinsparrechts bei Gebäuden. Beim letzten Punkt finden sich einige interessante Ansätze, die jedoch auch schnell von der Politik zerrieben werden können.

Strategiepapier ohne Strategie

Insgesamt ist in der „Energieeffizienzstrategie Gebäude“ keine wirkliche Strategie zu finden, wie die Deckungslücke zur Zielerreichung eines klimaneutralen Gebäudebestands bis 2050 konkret geschlossen werden kann. Und damit kann sie eine ganz wichtige Rolle nicht übernehmen. Im Ausblick heißt es: „Die ESG muss den Investoren einerseits eine ausreichende Planungssicherheit geben. Andererseits muss sie angesichts der bestehenden Unsicherheiten […] flexibel genug sein, um auf neue technische Entwicklungen und Herausforderungen reagieren zu können.“ Leider wird jedoch kein Investor, der die ESG auch noch so gründlich studiert, mehr Planungssicherheit verspüren.

Die meisten Verbände haben sich nach der Vorlage des lange eingeforderten Strategiepapiers dezent zurückgehalten oder gar nicht geäußert. Der Ton ist zwar freundlich, die Vorlage wird begrüßt – doch die Enttäuschung ist auch groß, dass kein Impuls, kein Signal von dem Papier ausgeht, „es schadet nichts, hilft aber auch nicht“. Mögliche Ansatzpunkte sind im ESG „Irgendwann-Projekte“ oder befinden sich gefühlt schon viel zu lange in der Warteschleife. Bei anderen Elementen, bleibt abzuwarten, wie es umgesetzt wird, beispielsweise die Konsolidierung und Vereinfachung des Energieeinsparrechts.

Interessant ist übrigens auch die Form, in der die ESG vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie veröffentlicht worden ist. Es sind schmucklose 96 Seiten, auf denen kein Hinweis zum Autor, kein Datum und auch kein Bundesadler zu finden ist. Eigentlich sieht es wie eine Semesterarbeit aus und an vielen Stellen ist die ESG auch aus diesem Blickwinkel und nicht dem Blickwinkel einer Bundesregierung formuliert. GLR

Tags