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BERLIN

EEG-Reform: Kritik von allen Seiten

© vencavolrab / iStock / Thinkstock
Die von der EEG-Umlage befreiten oder teilbefreiten Industrieunternehmen und ihre Wirtschaftsverbände haben den Kabinettsbeschluss vom 8. April 2014 zur EEG-Reform erwartungsgemäß begrüßt, jedoch noch weitergehende Schritte zur Marktintegration gefordert – eine Verringerung ihrer Belastung des Eigenstromverbrauchs hatten sie bereits im Vorfeld durchgesetzt und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hatte der EU-Kommission umfassende Privilegien bezüglich der EEG-Umlage abgerungen.

Wer nicht von solch großzügigen Ausnahmeregelungen profitiert und stattdessen seine Absatzmärkte und Geschäftsmodelle und in Gefahr sieht, bewertet den von der Bundesregierung vorgelegten EEG-Entwurf kritischer und hofft darauf, dass jetzt im parlamentarischen Verfahren nachgesteuert wird. Erfahrungsgemäß wird dieses auch geschehen, entsprechende Initiativen wurden bereits angekündigt. Nachstehend haben wir wichtige Kritikpunkte herausgegriffen:

  • vzbv / BSW-Solar: Der Verbraucherzentrale Bundesverband und der Bundesverband Solarwirtschaft wollen gegen die im Bundeskabinett beschlossene Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) vor dem Bundesverfassungsgericht klagen. Es gebe auf der Basis eines Rechtsgutachtens erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass die geplante Ökostrom-Abgabe auf Solarstrom zur Selbstversorgung gegen das Grundgesetz verstoße.
  • VDI: Der Verein Deutscher Ingenieure sieht die Beteiligung der Eigenstromerzeuger an der EEG-Umlage kritisch, da sie die Wirtschaftlichkeit neuer Anlagen und damit den Zubau gefährde – ohne die Stromkosten für Endverbraucher nennenswert zu senken. Zudem trägt der Gesetzentwurf nach Auffassung des VDI dem Systemgedanken nicht ausreichend Rechnung: Um die Effizienz des Energiesystems zu erhöhen, müssten zusätzlich auch systemische Zusammenhänge stärker berücksichtigt und die einzelnen Energiemärkte und -technologien besser miteinander vernetzt werden.
  • Der Bund der Energieverbraucher hat auf einen grundsätzlichen Missstand aufmerksam gemacht: Seit 2009 ist die EEG-Umlage sehr schnell von 1,2 auf 6,24 Ct/kWh im Jahr 2014 gestiegen – der ausgezahlte Förderbetrag stieg zeitgleich jedoch nur von 15 auf etwa 20 Mrd. Euro. Ein wesentlicher Grund dafür sei, dass die 2008 eingeführte Zwangsvermarktung des EEG-Stroms den Börsenstrompreis nach unten gedrückt habe. Der damals dafür verantwortliche Bundesumweltminister ist heute Bundesminister für Wirtschaft und Energie: Sigmar Gabriel.
  • BWP: Der Bundesverband Wärmepumpe erwartet, dass die EEG-Novelle die Kostendynamik bei den Strompreisen nicht brechen wird und kritisiert, dass die Verbraucher die Verlierer der Kompromissen der Bundesregierung mit den Ländern, der EU-Kommission und der Industrie sind. Auch die Belastung des PV-Eigenverbrauchs mit der EEG-Umlage sei bedenklich und gefährde energiepolitisch sinnvolle Modelle, beispielsweise die Kombination von Photovoltaik-Anlage und Wärmepumpe, ohne etwas zur Preissenkung beizutragen.
  • bne: Der Bundesverband Neuer Energieanbieter hat den Gesetzgeber aufgefordert, Mieter beim Eigenverbrauch nicht zu benachteiligen. Da der EEG-Entwurf festlege, dass Eigenversorger auch Betreiber der Anlage sein müssen, würden Vermarktungsmodelle, bei denen Dritte attraktive Eigenverbrauchslösungen für Mietshäuser anbieten, ausgeschlossen. Aus bne-Sicht taugt die geplante Belastung des Eigenverbrauchs ohnehin nicht, um das Kostenproblem bei der Energiewende in den Griff zu bekommen. Das zentrale Problem sei eine nicht mehr zeitgemäße und ausufernde Umlagesystematik. Die Erhebung von Umlagen und Abgaben auf den Stromverbrauch müsse ausführlich diskutiert und neu geregelt werden.
  • BDEW: Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft hat den Vorschlag der Bundesregierung für eine EEG-Novelle als gute Basis bewertet, um die erneuerbaren Energien schrittweise in den Markt zu führen und sie in die Verantwortung für das System einzubinden. Diskussionsbedarf besteht aus BDEW-Sicht aber bezüglich Strom aus Biogas und Bio-Erdgas, da der Gesetzentwurf für Neuanlagen eine erhebliche Senkung der Vergütungssätze vorsehe. Die Vergütung und Degression erfolge in einem Maß, das einen Zubau von Bio-Erdgas-Anlagen kaum mehr zulasse. Deutlich kritisiert der BDEW auch den mit der EEG-Novelle vom Bundeskabinett auf den Weg gebrachten Gesetzentwurf zur Einführung einer Länderöffnungsklausel im Baugesetzbuch. Wenn die Bundesländer künftig eigenständig darüber entscheiden, wie groß die Abstände von Windrädern zur Wohnbebauung und jeder weiteren zulässigen baulichen Nutzung sein müssen, würden die Interessen der Bürger in den einzelnen Ländern ungleich behandelt, was die Akzeptanz der Energiewende bei den Bürgern gefährde. Zudem könne die Regelung zu einer Reduzierung der Flächen führen, die für die Windenergie genutzt werden dürfen. 
  • Biogasrat+: „Der Kabinettsbeschluss zur EEG-Novelle ist verheerend für die Bioenergiebranche! Die Bunderegierung wird damit ihrer Verantwortung für das Energiesystem nicht ansatzweise gerecht.“
  • dena: Aus der Sicht von Stephan Kohler, Vorsitzender der Geschäftsführung der halbstaatlichen Deutschen Energie-Agentur, löst die EEG-Novelle bestehende Probleme nicht: „Mit der heute beschlossenen Reform des EEG wurde der weitere Ausbau der regenerativen Stromerzeugung in Deutschland beschlossen, ohne dass die damit zusammenhängenden Fragen und grundsätzlichen Probleme gelöst werden. Es ist erstaunlich, wie wenig die Realität bei der Umsetzung der Energiewende wahrgenommen wird.“

Nach den Plänen der Bundesregierung soll das novellierte EEG zum 1. August 2014 in Kraft treten. Dazu wäre nach aktuellem Zeitplan eine Zustimmung des Bundesrats in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause am 11. Juli 2014 erforderlich. Verhindern können die Länder die EEG-Reform nicht, jedoch durch die Anrufung des Vermittlungsausschusses verzögern. GLR

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