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ENERGIEWENDE

Energiebeschlüsse für den Gebäudesektor

Das Bundeskabinett hat am 6. Juni insgesamt 39 Eckpunkte zur zukünftigen Energieversorgung Deutschlands sowie zehn zugehörige Gesetzentwürfe beschlossen. Der gestufte und unwiderrufliche Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie bis Ende 2022 war vor der Kabinettssitzung schon fast parteiübergreifender Konsens. Er steht zwar im Fokus der öffentlichen Berichterstattung, wird aber im Eckpunktepapier schon in Punkt 6 ad acta gelegt. Danach geht es um den Umbau der Energieversorgung, denn das Bundeskabinett hat noch einmal explizit die im Energiekonzept (Herbst 2010) vereinbarten Klimaschutzziele bestätigt: Insbesondere sollen bis 2020 die Treibhausgasemissionen um 40 %, bis 2030 um 55 %, bis 2040 um 70 % und bis 2050 um 80 % bis 95 % gegenüber 1990 reduziert werden. Diese Ziele sind nicht ohne den Gebäudesektor zu erreichen, sodass mehrere der Eckpunkte auch eine hohe Relevanz für Energieberater, Architekten, TGA-Fachplaner und Bauhandwerker haben.

KWK-Ausbau soll deutlich gestärkt werden
Noch nebulös ist Punkt 25. Die Bundesregierung kündigt darin an, die Mittel für die KWK-Förderung effizienter einzusetzen, um die Energieerzeugung aus KWK-Anlagen deutlich zu stärken und über 2016 hinaus fortzusetzen. Zusätzlich soll noch in 2011 im Rahmen einer Novelle des KWK-Gesetzes die KWK-Förderung weiterentwickelt werden. Der Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung (B.KWK) hat bereits vor einer Woche darauf hingewiesen, dass allein mit dem planmäßigen KWK-Ausbau die Kernenergiekapazitäten bis spätestens 2021 (Ausstiegsdatum der Ethikkommission) zu ersetzen sind. Dazu bedürfe es keinen revolutionären neuen Entscheidungen, sondern nur einer Stärkung der Anreizwirkung. Laut B.KWK könnten die dazu erforderlichen Kapazitäten für den Bau und die Installation von großen Heizkraftwerken sowie mittleren und kleinen Blockheizkraftwerken bei Herstellern, Ingenieurbüros, Anlagenbauern und Handwerksbetrieben innerhalb weniger Jahre auf das erforderliche Niveau angehoben werden.

Bund baut ab 2012 mit Niedrigstenergie-Standard
Im Gebäudebereich (Punkt 26) sollen auch in Zukunft wirtschaftliche Anreize und die Anforderungen des Energieeinsparrechts wichtige Elemente zur Steigerung der Energieeffizienz sein. Die Effizienzstandards für Gebäude sollen dazu „ambitioniert“ erhöht werden. Keine neue Erfindung, sondern lediglich eine Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie, ist eine schrittweise Heranführung des Neubaustandards an den Niedrigstenergiegebäude-Standard bis 2020 mit der EnEV 2012 – soweit dies „im Rahmen einer ausgewogenen Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung der Belastungen der Eigentümer und Mieter wirtschaftlich vertretbar ist“. Hier gehen die Meinungen in der Branche noch weit auseinander. Häufig wird schon die EnEV 2009 unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten als überzogen dargestellt (obwohl rund die Hälfte aller Neubauwohnungen die EnEV-2009-Anforderungen förderbedingt unterschreitet). Andererseits gibt es Stimmen, die das Plusenergieaushaus schon vor 2020 als etablierten Baustandard vorhersagen. Der Bund will jedenfalls mit gutem Beispiel vorangehen. Ab 2012 sollen alle Neubauten nur noch nach einem noch nicht veröffentlichten Niedrigstenergie-Standard errichtet werden.

Fördermittel für Gebäudesanierung
Die Finanzmittel des CO2-Gebäudesanierungsprogramms der KfW werden im Vergleich zu 2011 (936 Mio. Euro) auf 1,5 Mrd. Euro für 2012 bis 2014 erhöht (Punkt 27). Zudem will die Bundesregierung prüfen, ob 2015 eine haushaltsunabhängige Lösung (z.B. weiße Zertifikate) eingeführt werden kann.

Steuerliche Anreize für Gebäudesanierung
Beschlossen wurde vom Bundeskabinett die energetische Sanierung von Wohngebäuden alternativ zur Zuschuss- und Kreditförderung auch steuerlich anzureizen (Punkt 27). Der verabschiedete Gesetzentwurf sieht eine steuerliche Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen an Wohngebäuden vor, die vor 1995 gebaut wurden. Voraussetzung für die Förderung ist, dass mit der Sanierung der Energiebedarf des Gebäudes erheblich verringert wird (Qp =< 0,85 × Qp REF nach EnEV Anlage 1 Tabelle 1 und H‘T =< H‘T REF nach EnEV Anlage 1 Tabelle 1 und H‘T darf nicht höher sein als nach EnEV Anlage 1 Tabelle 2 unter Berücksichtigung des 40%igen Zuschlags gemäß EnEV § 9 Absatz 1). Dies ist durch eine Bescheinigung eines Sachverständigen nachzuweisen. Steuerpflichtige können jährlich 10 % der Aufwendungen für die Sanierungsmaßnahmen über einen Zeitraum von zehn Jahren steuermindernd geltend machen, wenn sie ihre Gebäude vermieten oder verpachten, also damit Einkünfte erzielen. Steuerpflichtige, die das sanierte Objekt selbst nutzen, können die Aufwendungen wie Sonderausgaben in gleicher Weise geltend machen. Das Gesetz soll am 1. Januar 2012 in Kraft treten. Es bedarf der Zustimmung des Bundesrats. Laut dem Gesetzentwurf ist die Regelung erstmals auf Baumaßnahmen anwendbar, mit denen nach dem 31. Dezember 2011 begonnen wurde (Bauantrag gestellt bzw. Bauunterlagen eingereicht).

Sanierungsfahrplan für den Gebäudebestand
Noch wenig konkret aber sehr bedeutend ist Punkt 28. Er kündigt die Einführung eines Sanierungsfahrplans für den Gebäudebestand an. Dieser soll Eigentümern als Handlungsempfehlung eine Orientierung geben, mit welchen Sanierungsmaßnahmen der Niedrigstenergie-Standard bis 2050 erreicht werden kann. Letztendlich ist er aber mehr als nur eine Orientierung, denn die wirtschaftlichen Anreize für energetische Gebäudesanierungen will die Bundesregierung am Sanierungsfahrplan ausrichten.

Impulse für den Modernisierungsmarkt
Fukushima hat beim erst vor wenigen Monaten verabschiedeten Energiekonzept der Bundesregierung einiges durcheinandergerüttelt. Im Gebäudesektor muss man aber eher von Wachrütteln sprechen. Mit dem bisherigen Kurs war die Verdopplung der Modernisierungsquote eine utopische Zielmarke. Ob sie mit den zusätzlichen Anreizen erreicht wird, kann man heute seriös nicht beantworten, zusätzliche Impulse und besonders gute Rahmenbedingungen dürften den Modernisierungsmarkt jedenfalls in nächster Zeit ankurbeln. GLR

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