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Sto Kletten statt Kleben

Eine der wohl außergewöhnlichsten Neuheiten auf der BAU 2017 in München war das recycelbare Wärmedämm-Verbundsystem (WDVS) StoSystain R, dessen Putz sortenrein vom Dämmstoff getrennt werden kann, weil dieser auf eine Putzträgerplatte aufgezogen wird, die über eine eigens für das System ausgeklügelte Kletttechnologie eine zwar feste, aber jederzeit lösbare Verbindung mit den Dämmstoffplatten eingeht – quasi eine innige Liaison auf Zeit! Vorausgegangen war dieser Entwicklung ein gemeinsames Forschungsprojekt des Instituts für Architekturtechnologie der TU Graz mit der Forschungsabteilung von Sto. Ziel der selbstgestellten Aufgabe war es, ein größtenteils wiederverwendbares beziehungsweise möglichst vollständig recycelbares Fassadensystem zu entwickeln. Vier Jahre brauchte es, um schließlich 2015 die Studie „facade4zeroWaste“ zu präsentieren, in deren Rahmen vier Patente angemeldet wurden. Die Forscher verfolgten die Vision eines Dämmsystems, bei dem anstatt eines Klebers spezielle Befestigungselemente mit Klettverschlüssen die Haupttragkomponenten des Fassadensystems verbinden. Das vereinfacht Montage und Demontage und sorgt am Ende der Lebensdauer einer Fassade dafür, dass die einzelnen Bestandteile leicht, lärm- und staubarm voneinander getrennt und der Kreislaufwirtschaft zugeführt werden können. Bereits diese Produktstudie hatte große Erwartungen geweckt und wurde sowohl mit dem europäischen „Baustoff-Recycling-Award 2015“ ausgezeichnet als auch unter die Top 10 der Kategorie „Bauen & Wohnen“ bei den GreenTec Awards 2016 gewählt. Sie diente nun als Grundlage für das völlig neuartige Fassadendämmsystem StoSystain R, das 2017 bei mehreren Pilotvorhaben auf Baustellen in Deutschland und Österreich seine Praxistauglichkeit ans Licht bringt. Dabei wird das recycelbare WDVS neben seinen Vorzügen im Bereich der Nachhaltigkeit auch Systembesonderheiten wie die „freie anforderungsbezogene Dämmstoffwahl“ sowie seine Eignung im Bereich des (temporären) denkmalschutzbedingten Gebäudeschutzes unter Beweis stellen. Ein kleiner Wermutstropfen sind zweifellos die Kosten für das System, das derzeit mit rund 150 Euro pro m2 irgendwo zwischen klassischem WDVS und einer vorgehängten Fassadenkonstruktion angesiedelt ist. Ob allein das Argument der Rückbaubarkeit zieht, um fast den doppelten Preis für ein WDVS mit Putzoberfläche zu zahlen, darf trotz aller Jammerei über die jüngst angezogenen Entsorgungskosten für EPS-Dämmstoffplatten bezweifelt werden. Die Innovation steht indes noch am Anfang, wichtige Praxistests stehen noch aus, viele Details wie zum Beispiel Außenecken und andere Bauwerksanschlüsse sind noch nicht gelöst. Auch die Zulassung beim DIBt steht noch bevor, wo man sich bestimmt schwer tut, diese neue Idee prüftechnisch einzusortieren. 2 bis 3 Jahre wird man daher noch mit Zulassungen im Einzelfall leben bzw. in diese investieren müssen, um die „Kletterei“ an der Fassade auszutesten. Der schmale Luftspalt zwischen Putzträger- und Dämmplatten wirkt sich nicht negativ auf die Wärmeleitfähigkeit aus, weil die Luft angeblich nicht zirkuliert. Die Montage vereinfacht sich nicht unbedingt, weil die Dämmstoffplatten weiterhin gedübelt werden müssen, hinzu kommen nun noch die großen Tellerdübel für das Klettsystem, die allerdings eine Nivellierung der Fassade bei unebenem Untergrund erlauben. Irgendwie aber insgesamt eine faszinierende Idee: eine Putzschicht an die Dämmung zu kletten – darauf muss man erst einmal kommen! Die nicht tot zu kriegenden Dämmstoffkritiker argwöhnen jedenfalls schon, dass nach Algen und Pilzen nun auch noch die Kletten das WDVS heimsuchen ... mei oh mei!

Sto

79780 Stühlingen

Tel. (0 77 44) 57 10 10

www.sto.de

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